Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Risiko-ausflug ins Nachbarland
Die niederländischen Städte Venlo, Maastricht und Roermond hatten am vergangenen Wochenende viele Gäste. Die Bürgermeister appellieren an die Vernunft der Deutschen und Belgier, trotz der Lockerungen nicht über die Grenze zu fahren.
DÜSSELDORF Ein bisschen shoppen in Maastricht oder Roermond, Kaffeetrinken auf einer Terrasse in Venlo – am Maifeiertag und am Sonntag haben viele Deutsche einen Ausflug in die Niederlande gemacht. Es war nach vielen Monaten das erste Wochenende mit geöffneten Geschäften und Terrassen, für die Niederländer fiel auch die Ausgangssperre am Abend weg. Die Appelle einiger niederländischer Bürgermeister, nicht in die Grenzstädte zu kommen, sind offenbar bei etlichen Menschen in Deutschland, aber auch in Belgien, ungehört verklungen.
Venlos Bürgermeister Antoin Scholten hat am Sonntag auf Anraten der Sicherheitsdienste entschieden, die Parkplätze sperren zu lassen und den Autoverkehr aus der Innenstadt herauszuleiten. „Es schien am Wochenende manchmal so, als ob das Bewusstsein, dass Corona noch präsent ist, nicht mehr vorhanden war“, teilte er am Montag auf Anfrage mit. „Leider ist die Corona-pandemie aber noch längst nicht vorbei.“Es sei an einigen Stellen in Venlo so voll gewesen, dass ein sicheres Einkaufen mit gebotenem Abstand nicht mehr möglich war, wie er sagt. Ganz ähnlich war die Situation in Enschede, Heerlen und im Outlet-center Roermond.
Annemarie Penn-te Strake ist Bürgermeisterin in Maastricht. „Es war am Samstag und am Sonntag sehr voll in der Stadt“, sagt auch sie. „Vor allem in den Warteschlangen vor den Geschäften.“Wie viele Deutsche eingereist seien, sei nicht bekannt. Es seien aber auch viele französischsprachige Belgier unterwegs gewesen, sagt sie. „Ich rufe unsere deutschen und belgischen Nachbarn immer wieder dazu auf, sich an den Rat zu halten und die Grenze nicht unnötig zu überschreiten – ich appelliere an ihre Solidarität und Geduld.“
Die niederländischen Städte sind auf die Maßnahmen beschränkt, die sie an den Zufahrtsstraßen und in den Stadtzentren ergreifen können. „Grenzkontrollen sind aus meiner
Sicht aber nicht die Lösung“, sagt Annemarie Penn-te Strake. „Die Lösung liegt hauptsächlich in guten Vereinbarungen auf europäischer Ebene.“Es sei unverständlich, dass Den Haag, Brüssel und Berlin ihre Corona-schutzmaßnahmen und Lockerungen nicht koordinieren könnten, sagt Maastrichts
Bürgermeisterin. Die Niederlande bleiben weiterhin ein Hochinzidenzland mit mehr als 300 Infektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Die Regierung hatte die Lockerungen beschlossen, obwohl Experten dringend davon abgeraten und vor einem Notzustand in den Kliniken gewarnt hatten. Ministerpräsident Mark Rutte hingegen hatte von einem „kalkulierbaren Risiko“gesprochen.
Die niederländischen Bürgermeister haben derweil schon die kommenden Wochenenden im Blick – in Deutschland stehen einige Feiertage an. „Ich werde auch dann Maßnahmen in Venlo ergreifen, wenn es notwendig werden sollte“, sagt Antoin Scholten. Auch in Maastricht werden wieder sämtliche verfügbaren Ordnungskräfte auf den Straßen sein, um die Einhaltung der Schutzmaßnahmen zu kontrollieren. „An solchen Tagen haben wir aber nie genug Ordnungskräfte“, sagt Penn-te Strake. „Und sie sind keine Corona-polizei.“Sie appelliert an die Eigenverantwortung der Menschen, die in Maastricht leben – oder die Stadt besuchen.