Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lufthansa will sich effizient schrumpfen

Die Aktionäre genehmigen eine Kapitalerh­öhung um bis zu 5,5 Milliarden Euro. 10.000 Jobs sollen abgebaut werden.

- VON MISCHA EHRHARDT

„Renew“lautet das Stichwort für eine Rundum-erneuerung der Lufthansa. So soll der Konzern nach Meinung des Management­s schlanker, deutlich kleiner und besser an den Kunden orientiert aus der Pandemie kommen und wieder durchstart­en. „Wir werden diese Krise nicht nur meistern, sondern sie als Chance nutzen, unsere globale Position weiter zu stärken“, sagte Lufthansa-chef Carsten Spohr auf der Hauptversa­mmlung in Frankfurt. Die Anleger konnten sich online dazuschalt­en. „Die Lufthansa Group wird in Zukunft zunächst kleiner sein – aber auch fokussiert­er, digitaler, effiziente­r und nachhaltig­er.“

Dieser Optimismus steht in Kontrast zu den ersten drei Monaten 2021 und dem eingetrübt­en Ausblick. Erst in der Vorwoche hatte der Konzern seine kürzlich reduzierte Prognose noch einmal gesenkt: Statt im Gesamtjahr 2021 bis zur Hälfte ihrer Jahreskapa­zität von 2019 erreichen zu können, erwartet die Airline jetzt nur noch rund 40 Prozent davon. Das schreibt sich tiefrot in die Lufthansa-bilanz: Das Minus der Kranich-gesellscha­ft in den ersten drei Monaten des Jahres lag bei unterm Strich noch gut einer Milliarde Euro; die Zahl der Fluggäste liegt um 86 Prozent unter dem Vorkrisenw­ert.

Um den weiteren Verlauf der Krise finanziell insgesamt besser meistern zu können, hat der M-dax-konzern von seinen Aktionären grünes Licht für einen Vorratsbes­chluss zu möglichen Kapitalerh­öhungen von bis zu 5,5 Milliarden Euro bekommen. Höhe und Zeitpunkte stehen dafür noch nicht fest. So will Konzernche­f Carsten Spohr die Lufthansa in die Lage versetzen, „zu alter finanziell­er Stabilität“zurückzuke­hren und die Bilanz zu stärken. Dabei sei klar, dass man den Großteil der Erlöse für die Rückführun­g der staatliche­n Stabilisie­rungsmaßna­hmen nutzen werde. „Denn – und das haben wir immer wieder betont – wir finanziere­n uns lieber am Kapitalmar­kt als beim Steuerzahl­er“, erklärte Spohr am Dienstag.

Zwar wurde der Vorschlag von der Mehrheit der Aktionäre angenommen, es gab aber auch Kritik daran. „Wegen der schwachen Historie bei der Krisenbewä­ltigung sind wir nicht bereit, dem Management einen Blankosche­ck auszustell­en“, sagte Fondsmanag­er Michael Gierse von Union Investment. Gierse attestiert dem Lufthansa-management ein halbherzig­es Krisenmana­gement; es fehle eine klare Strategie und ein fokussiert­es Geschäftsm­odell.

Damit wird die Lufthansa in Zukunft deutlich kleiner und will verstärkt touristisc­he Ziele anfliegen. Denn eines der Probleme der Lufthansa ist es, dass in der Krise Unternehme­n gesehen haben, wie einfach es vielfach ist, auf Geschäftsr­eisen zu verzichten. So will die Lufthansa stattdesse­n in diesem Sommer erstmals mehr als 100 Urlaubszie­le anfliegen – ein Rekord. Allerdings gehen auch andere Fluglinien diese Probleme an. Die Konkurrenz wird also hart sein. Und darüber können sich am Ende vermutlich Kunden freuen, wenn die Fluggesell­schaften über den Preis um die Passagiere kämpfen.

Kritik hatte es im Vorfeld der Hauptversa­mmlung unter anderem auch von Umweltschü­tzern gegeben. Am Montagaben­d hatte die Lufthansa den Kauf von zehn neuen Langstreck­enflugzeug­en von Airbus und Boeing angekündig­t. Die Maschinen sollen demnach ältere Flugzeugty­pen mit höherem Treibstoff­verbrauch und Co2-ausstoß ersetzen. „Wir wollen auch bei diesem Thema in unserer Branche führend sein“, sagte Spohr. So will die Fluglinie ihre Co2-emissionen bis 2030 um die Hälfte reduzieren. Bis 2050 will die Lufthansa vollständi­g Co2-neutral wirtschaft­en. Kompensati­on dürfe nur eine Brücke zu einer echten Reduktion der Emissionen sein, kritisiert­e dagegen Michael Gierse. „Wir fordern, dass die Lufthansa ihre Klimaschut­zziele in den kommenden Jahren mit konkreten Investitio­nen insbesonde­re im Bereich der nachhaltig­en Kraftstoff­e untermauer­t und so einer nachhaltig­en Transforma­tion Glaubwürdi­gkeit verleiht.“

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