Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die gefährlich­e Raupe Nimmersatt

Sie sind haarig, giftig und treten in Massen auf: Die Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners bilden in diesen Wochen ihre Brennhaare aus. Die Larven fressen nicht nur Bäume kahl, sondern können auch für Menschen gefährlich werden.

- VON CLAUDIA HAUSER

DÜSSELDORF Die Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners sehen eigentlich ganz flauschig aus, aber ihre Härchen sind giftig und können allergisch­e Reaktionen beim Menschen auslösen – bis hin zu allergisch­en Schocks. Die Raupen schädigen auch ihre Wirtsbäume, meist Eichen, deren Kronen sie regelrecht kahlfresse­n. „Im Grunde ist die Raupe so gefräßig wie die kleine Raupe Nimmersatt“, sagt Mathias Niesar, Leiter des Teams Wald- und Klimaschut­z beim Landesbetr­ieb Wald und Holz NRW. „Wenn ein Baum über mehrere Jahre immer wieder kahlgefres­sen wird, kann dadurch im schlimmste­n Fall ein Eichenster­ben ausgelöst werden.“In NRW sei es dazu bislang noch nicht gekommen, aber in Sachsen-anhalt und Bayern, wie Niesar sagt.

Spätestens seit Anfang Mai versuchen Städte und Kommunen, die Ausbreitun­g der Raupen einzudämme­n. Auch die Meistereie­n des Landesbetr­iebs Straßen NRW sind in Sachen Eichenproz­essionsspi­nner auf Rast- und Parkplätze­n unterwegs, um mit Warnschild­ern auf einen Befall hinzuweise­n. „Wir geben dann eine Beseitigun­g der Raupen in Auftrag“, sagt ein Sprecher. Die Nester werden mit einem Spezialsau­ger von den Bäumen oder Astgabelun­gen entfernt.

Der Naturschut­zbund weist darauf hin, dass die Gespinste von Eichenproz­essionsspi­nnern oft nur an einer oder wenigen Stellen im

Baum zu finden sind. Wenn Büsche und Bäume komplett eingesponn­en sind, handelt es sich meist um die ungefährli­chen Gespinstmo­tten.

Neben der schonenden Methode des Nestabsaug­ens werden auch Biozide gegen die Raupen eingesetzt. Sie werden nach Angaben von Niesar dann genutzt, wenn die befallenen Bäume an Orten stehen, wo viele Menschen unterwegs sind, etwa auf Schulplätz­en, in Stadtparks oder in Freibädern. Das Mittel mit dem Wirkstoff Bacillus Thuringien­sis wird auf die Bäume gesprüht und durch die jungen Raupen über die Nahrung aufgenomme­n.

Auch Straßen NRW setzt den Biozid-wirkstoff punktuell ein. „Genau dort, wo im vergangene­n Jahr ein Befall festgestel­lt wurde“, sagt ein Sprecher. Mit Spritzen, die einer Schneekano­ne ähneln, wird das Mittel auf die Blätter gesprüht. Die Raupe frisst das Blatt, und erst im Darm der Raupe entfaltet der für andere Tiere und Menschen ungefährli­che Stoff seine Wirkung. Die Raupen sterben, bevor sie das für den Menschen gefährlich­e Lebensstad­ium erreichen können.

Noch liefen Versuche, den Eichenproz­essionsspi­nner mit natürliche­n Feinden zu bekämpfen, sagt Niesar. Dazu wurden im Frühjahr 2020 Hunderte Nistkästen für Blau- und Kohlmeisen an Eichen angebracht mit dem Ziel, dass die Vögel die Raupen fressen. So könnten die Raupen auf natürliche Weise dezimiert werden. Die Auswertung­en, ob der Versuch erfolgreic­h war, laufen aber noch.

Die Raupen häuten sich laut Nabu sechsmal, bis sie nach der Verpuppung in den Nestern Falter werden. Die braunen Falter fliegen dann im Juli und August umher und paaren sich. Sie haben eine Lebensdaue­r von nur wenigen Tagen. War eine Paarung erfolgreic­h, hat das Weibchen bis zu seinem Tod aber etwa 150 Eier an den Eichenstäm­men abgelegt, aus denen dann im Frühjahr neue Larven schlüpfen. Ein kalter Winter macht ihnen nichts aus. „Da müssen es schon weit unter minus 20 Grad sein, damit die abgetötet werden – sie sind ausgesproc­hene Überlebens­künstler“, sagt Mathias Niesar.

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FOTO: THISSEN/DPA Ein Nest des Eichenproz­essionsspi­nners an einem Baumstamm.
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