Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein belgischer Bauer lässt Frankreich schrumpfen

Weil er beim Pflügen stört, versetzt ein Mann einen Grenzstein. Bei der Lösung des Problems hofft man auf den kleinen Dienstweg.

- VON KNUT KROHN

PARIS Entwarnung an der belgisch-französisc­hen Grenze: Es droht kein Krieg. Die Außenminis­ter beider Staaten werden nicht einberufen, auf diplomatis­che Depeschen wird verzichtet, die Causa kann auf dem kleinen Dienstweg zwischen den Rathäusern im belgischen Dorf Erquelinne­s und dem französisc­hen Ort Bousignies-surRoc geklärt werden.

Der unerlaubte Eingriff in die Hoheitsgeb­iete wäre wohl unentdeckt geblieben, wäre ein geschichts­kundiger Mensch nicht in dem kleinen Wald spazieren gegangen, der die beiden Staaten trennt. Denn der Wanderer bemerkte, dass an einem Baum ein herrenlose­r Grenzstein lehnte. Das Rätsel, wie der 200 Jahre alte Stein dorthin gekommen ist, war schnell gelöst. Ein belgischer Bauer räumte ein, dass ihn das Teil beim Pflügen gestört hatte, weshalb er ihn einfach um knapp zwei Meter verrückt hatte.

„Er hat Belgien größer und Frankreich kleiner gemacht, das ist keine gute Idee“, sagte David Lavaux, Bürgermeis­ter des belgischen Erquelinne­s, gegenüber dem französisc­hen Fernsehsen­der TF1. Zwischen Privatleut­en könne das zu lebenslang­en Streitigke­iten führen, erklärte der Lokalpolit­iker schmunzeln­d, zwischen Nachbarsta­aten drohe eine solche Tat ungeahnte Folgen zu haben.

David Lavaux räumt allerdings ein: „Ich war zuerst glücklich, denn meine Stadt war plötzlich größer.“Doch seine Kollegin aus dem französisc­hen Bousignies-sur-roc sei mit dem neuen Grenzverla­uf nicht einverstan­den gewesen. „Wir sollten in der Lage sein, einen Grenzkrieg zu vermeiden“, konterte Aurélie Welonek, Bürgermeis­terin im Nachbardor­f. Wobei in dieser amüsierten Bemerkung durchaus auch irgendwie eine kleine Drohung versteckt sein könnte.

Die örtlichen belgischen Behörden haben ihren französisc­hen

Kollegen versichert, dass sie der Grenzversc­hiebung nachgehen. Sie würden den Landwirt kontaktier­en mit der dringenden Bitte, den Stein wieder an seinen ursprüngli­chen Standort zurückzubr­ingen. Tut er das nicht, könnte es doch noch zu zwischenst­aatlichen Verwicklun­gen kommen. Der Fall könnte beim belgischen Außenminis­terium landen, das eine seit 1930 ruhende französisc­h-belgische Grenzkommi­ssion einberufen müsste. Beide Seiten sind allerdings weiter zuversicht­lich, dass die Angelegenh­eit einvernehm­lich gelöst werden kann.

„Wir sollten in der Lage sein, einen Grenzkrieg zu vermeiden“Aurélie Welonek Bürgermeis­terin des französisc­hen Grenzorts Bousignies-sur-roc

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