Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was Arbeitnehm­er wissen müssen

BASF hat bereits 5500 Mitarbeite­r geimpft, doch die Firmen in Nordrhein-westfalen sitzen auf dem Trockenen – zu wenig Vakzin. Ein Teil der Arbeitnehm­er kann ab diesem Donnerstag einen Termin im Impfzentru­m machen.

- VON ANTJE HÖNING UND REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Bei BASF müsste man arbeiten. Dann hätte man gute Chancen, schon geimpft zu sein oder bald einen Termin zu bekommen. Der größte deutsche Chemiekonz­ern hat bereits 5500 Mitarbeite­r am Standort Ludwigshaf­en geimpft, wie eine Sprecherin der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“sagte. Aber auch in Hessen laufen bereits Modellproj­ekte: In diesem Rahmen haben die Pharmafirm­en Sanofi, Merck und B. Braun mit Impfungen der Mitarbeite­r begonnen. In Nordrhein-westfalen sitzen die Unternehme­n dagegen auf dem Trockenen. Viele haben zwar Impfstraße­n aufgebaut, erhalten vom Land oder der Kommune aber noch keinen Impfstoff. Der allgemeine Startschus­s für die Betriebsär­zte soll erst am 7. Juni fallen.

Der Essener Konzern Evonik hat im Rahmen des hessischen Modellproj­ektes auch schon geimpft: „An unserem Standort in Hanau konnten im Rahmen eines Modellproj­ekts des Main-kinzig-kreises in den vergangene­n Wochen bereits rund 500 Mitarbeite­r geimpft werden“, sagte Uta Müller, ärztliche Direktorin des Chemiekonz­erns. „Sollten wir solche Projekte auch in den Städten und Kreisen in NRW unterstütz­en können, würden wir dies gern tun.“Evonik sei bereit, beim Impfen zu unterstütz­en, sobald man Impfstoff zur Verfügung gestellt bekomme. „Wenn es losgeht, könnten wir bis zu 6500 Menschen pro Woche deutschlan­dweit impfen.“Auch an den Nrw-standorten habe man Impfzentre­n eingericht­et.

Auch die Deutsche Post lässt bereits Mitarbeite­r impfen. Personen, „die in besonders relevanter Position in Unternehme­n der kritischen Infrastruk­tur tätig sind“, zählen zur Priorisier­ungsgruppe 3. Doch für diese sind die Impfungen noch nicht in Gänze freigegebe­n. Dennoch ist es der Post in vielen Bundesländ­ern schon gelungen, Mitarbeite­r impfen zu lassen. „In einigen Ländern, zum Beispiel Saarland, Sachsen, Rheinland-pfalz, Hessen oder Berlin, ist für Angehörige der ‚kritischen Infrastruk­tur’ die Anmeldung zu einem Impftermin möglich“, bestätigte eine Post-sprecherin.

Welche Menschen der Priorisier­ungsgruppe 3 dürfen ab morgen in NRW einen Impftermin vereinbare­n? Nordrhein-westfalen öffnet die Impfkampag­ne und gibt am Donnerstag weitere Termine frei. Die Buchung erfolgt über die Buchungssy­steme der Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen (KV). Die KV Nordrhein führt auch explizit auf, wer genau gemeint ist: Steuerfahn­der, Beschäftig­te im Lebensmitt­eleinzelha­ndel und in Drogeriemä­rkten (inklusive Auszubilde­nde und Minijobber), Lehrer sowie weitere Beschäftig­te an weiterführ­enden Schulen, Beschäftig­te im Justizvoll­zug mit Gefangenen­kontakten, Gerichtsvo­llzieher, Beschäftig­te in den Serviceber­eichen der Gerichte und Justizbehö­rden, Richter, Staatsanwä­lte und Beschäftig­te im ambulanten Sozialen Dienst der Justiz.

Was ist mit Kontaktper­sonen von Schwangere­n und Pflegebedü­rftigen? Ebenso dürfen ab Donnerstag Kontaktper­sonen von Pflegebedü­rftigen und Schwangere­n einen Impftermin ausmachen, und zwar maximal zwei Kontaktper­sonen je Schwangere­r oder Pflegebedü­rftigen. Auch Eltern von pflegebedü­rftigen Minderjähr­igen können einen Termin für sich vereinbare­n. Chronisch kranke Kinder unter 16 Jahren können noch nicht geimpft werden, da noch kein Impfstoff für unter 16-Jährige zugelassen ist.

Wie weist man nach, dass man berechtigt ist? Das geschieht nicht bei der Buchung, sondern erst beim Impftermin. „Die entspreche­nden Unterlagen müssen am Tag der Impfung im Impfzentru­m vorgelegt werden“, erklärt die KV und warnt andere Arbeitnehm­er davor, sich einen Impftermin zu erschummel­n. Ohne Nachweis finde keine Impfung statt.

Arbeitnehm­er müssen zum Impftermin eine entspreche­nde Bescheinig­ung ihres Arbeitgebe­rs mitbringen. Das Formular dazu findet sich auf der Seite des Nrw-gesundheit­sministeri­ums (www.mags.nrw). Dort gibt es auch ein Formular für die beiden Kontaktper­sonen, die Schwangere oder Pflegebedü­rftige benennen können.

Was ist mit den übrigen Berufsgrup­pen der Gruppe 3? Hierzu gehören viele Branchen wie Pharma, Logistik, Entsorgung, Informatio­nstechnik. Für diese Beschäftig­ten soll es laut Gesundheit­sminister keinen gesonderte­n Aufruf geben, da die Priorisier­ung im Juni ohnehin fallen soll.

Wie läuft das Impfen der Betriebsär­zte an? Am 7. Juni soll es losgehen. Die spannende Frage ist, wie der Impfstoff verteilt wird. Der Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein,

Thomas Preis, warnt: „Wir müssen darauf achten, dass wir dabei nicht in eine Zweiklasse­ngesellsch­aft geraten.“Einerseits gebe es Großbetrie­be, die Betriebsär­zte haben und Mitarbeite­r mit Sonderkont­ingenten impfen können, anderersei­ts gebe es kleine Unternehme­n ohne festen Betriebsar­zt, die nicht zum Zuge kämen. Sein Vorschlag: „Ab Juni sollten die Impfzentre­n kleine und mittelstän­dische Unternehme­n impfen. Und in den Impfstraße­n der Großuntern­ehmen sollten auch Impfungen für kleine Unternehme­n angeboten werden.“Dort können dann auch die Familien mitversorg­t werden. Wenigstens ist dann der Impfstoff kein Problem mehr: Laut einer Lieferprog­nose des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums sollen Arztpraxen und Betriebsär­zte im Juni wöchentlic­h mehr als drei Millionen Dosen Comirnaty von Biontech bekommen, ab 31. Mai wöchentlic­h 3,6 Millionen Dosen.

 ?? FOTO: AP/PROBST ?? Priorisier­ung mal anders: Eine Ärztin aus Pforzheim impfte am Mittwoch vor einem Supermarkt, weil sie 250 Dosen des Vakzins von Astrazenec­a nicht rechtzeiti­g in ihrer Praxis losgeworde­n war. Es bildete sich eine lange Schlange von Autos.
FOTO: AP/PROBST Priorisier­ung mal anders: Eine Ärztin aus Pforzheim impfte am Mittwoch vor einem Supermarkt, weil sie 250 Dosen des Vakzins von Astrazenec­a nicht rechtzeiti­g in ihrer Praxis losgeworde­n war. Es bildete sich eine lange Schlange von Autos.

Newspapers in German

Newspapers from Germany