Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Nationale Strategie gegen Missbrauch gefordert
Athletenvertreter setzen sich im Bundestag für ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen im Sport ein.
BERLIN (dpa) Der Verein Athleten Deutschland hat eine umfassende, bundesweit gültige Konzeption gegen Gewalt und Missbrauch im Sport gefordert. „Es gibt eine nationale Strategie für Sportgroßveranstaltungen. Warum gibt es keine nationale Strategie gegen Gewalt und Missbrauch?“, fragte Athletenvertreter Maximilian Klein bei einer öffentlichen Anhörung des Bundestag-sportausschusses zum Thema „Physische, psychische oder sexualisierte Gewalt gegen Sportlerinnen und Sportler“am Mittwoch.
„Was wir hier alles hören, sind zerfaserte, kleinschrittige Dinge, die dieses ganze Themenfeld nicht strategisch angehen“, kritisierte er. Was in dieser Debatte fehle, sei eine systematische Auseinandersetzung und ein Dialogprozess zwischen den relevanten Organisationen im und außerhalb des Sports.
Ein von Athleten Deutschland vorgeschlagenes unabhängiges Safesport-zentrum sei ein wichtiger Baustein. Zugleich müssten aber auch regionale Beratungsstellen und die Sportorganisationen gestärkt werden – strukturell wie finanziell. „Wir haben akuten Handlungsbedarf und müssen schauen, was wir als Gesellschaft bereit sind zu investieren. Und wie kommen wir dahin?“, sagte Klein.
In den vergangenen Wochen und Monaten hatten zahlreiche Athletinnen und Athleten von Fällen berichtet, in denen sie schikaniert, gequält, bedrängt, im schlimmsten Fall sexuell missbraucht worden seien. Von Trainerinnen oder Trainern. Fälle aus dem Boxen, Nachwuchsfußball, Fechten, Turnen oder Judo wurden bekannt.
Der Deutsche Olympische Sportbund sieht ein Safesport-zentrum nicht als alleinige Lösung. „Die Notwendigkeit einer unabhängigen Anlaufstelle für Betroffene sehen wir ebenso“, sagte Dosb-vizepräsidentin Petra Tzschoppe. „Wir möchten trotzdem darauf drängen, auch innerhalb des Sports Ansprechpersonen zu haben.“Wenn das Vertrauen dort nicht gegeben sei, müsse man auch externe Angebote machen. Der Vorwurf, dass es an Vertrauen von betroffenen Sportlern zu Verbandsbeauftragten fehle, müsse durch „belastbare Zahlen“belegt werden. Tzschoppe: „Da brauchen wir eine Datenbasis.“
Einig waren sich in jedem Fall die Sachverständigen bei der Anhörung, dass die vor mittlerweile fünf Jahren veröffentlichte Studie „Safe Sport“zu Ausmaß und Form von Gewalt im Spitzensport durch eine auf den Breiten-, Kinder-, Jugend- und Schulsport ausgeweitete Untersuchung unbedingt ergänzt werden sollte. „Es ist nur ein ganz kleiner Teil der Sportler in Deutschland. Wir würden uns freuen, wenn es viel mehr Erkenntnisse im Breitensport gebe“, sagte Christina Gassner, Geschäftsführerin der Deutschen Sportjugend.