Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Herr der Fliegen“in den Alpen

Die Serie „Wild Republic“erzählt vom Überlebens­kampf jugendlich­er Straftäter.

- VON MARION MEYER

Mehr oder weniger willig starten die Jugendlich­en in ein Abenteuer in den Alpen. Eine „erlebnispä­dagogische“Maßnahme soll die straffälli­g gewordenen Teenies statt in den Knast wieder auf Spur bringen. Wer warum dabei ist, erfährt der Zuschauer in Rückblende­n: Jede der acht Folgen ist einer anderen Figur gewidmet – das hat im seriellen Erzählen nun mittlerwei­le Tradition und ist auch hier gut gelöst.

Schon in der ersten Nacht in den Bergen läuft der Ausflug aus dem Ruder. Als ein Betreuer tot aufgefunde­n wird, flüchten die zum Teil traumatisi­erten Jugendlich­en, die den Behörden wenig vertrauen, mit Kanus tiefer in die Wildnis. In einer großen Höhle suchen sie Unterschlu­pf, versuchen zu überleben und sich mit der neuen Lage zu arrangiere­n. Das Experiment, existenzie­ll wie einst bei „Herr der Fliegen“, führt die heterogene Truppe zunehmend an ihre Grenzen. In dem Überlebens­kampf in der Wildnis lauern zahlreiche Gefahren und Abgründe, die aber nicht unbedingt in der Natur, sondern in den Mitmensche­n zu finden sind.

Die jungen Schauspiel­er dieser Serie sind gut gecastet: In der Regie von Markus Goller („25 km/h“) und Lennart Ruff können sie ihre Stärken ausspielen. Merlin Rose ist als gescheiter­ter Revoluzzer Ron der geborene Anführer, der sich gegen seinen kapitalist­ischen Vater (Ulrich Tukur) auflehnt. Er verliebt sich in die zur Prostituti­on gezwungene Kim (Emma Drogunova). Der sadistisch veranlagte Justin (Béla Gábor Lenz) gefährdet die Stabilität der Gruppe. Als sich Marvin (Rouven Israel) über die Beauty-bloggerin (Camille Dombrowsky) hermacht, kommt es zur ersten Gerichtsve­rhandlung in dieser neuen Community, die nun ganz auf sich gestellt agieren muss. Lässig überspiele­n die Schauspiel­er dabei so manchen arg hölzern geratenen Dialog oder klischeeha­ft zugespitzt­e Handlungsv­olten.

Neben den Schauspiel­ern, darunter als Erwachsene noch Verena Altenberge­r und Franz Hartwig („Der Pass“), überzeugt die grandiose Bergkuliss­e Südtirols, die eindrucksv­oll in Szene gesetzt ist. Die Innenaufna­hmen sind, kaum zu glauben, in den Mmc-studios in Köln entstanden: Die Film- und Medienstif­tung NRW hatte die Serie, eine erste Kooperatio­n von Magenta TV und öffentlich-rechtliche­m Fernsehen, maßgeblich gefördert.

Die eindrucksv­olle Höhle wurde in Köln mit 7,5 Meter Höhe und 22 Metern im Durchmesse­r nachgebaut. So konnte das Team, abgeschirm­t von der Natur und Corona, vergangene­n Sommer ungestört drehen. Nur die Beleuchtun­g ist manchmal etwas zu artifiziel­l schön geraten, sodass man sich eher in einer Theaterkul­isse denn auf 2000 Metern Höhe in der rauen Natur wähnt. Anfang 2022 läuft die Serie auch in der ARD und auf Arte. Dann kann sich jeder davon überzeugen.

Info „Wild Republic“läuft auf Magenta TV.

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FOTO: KUHN/LAILAPS/X FILME CREATIVE POOL Merlin Rose spielt den Anführerty­pen Ron.

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