Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Lehrer wollen endlich geimpft werden

Mehrere Leiter von weiterführ­enden Schulen im Kreis Wesel haben dem Landrat in einem Brief geschilder­t, wie sehr es in den Lehrerzimm­ern brodelt. Ab Donnerstag können sie Termine buchen, doch auch das sorgt für Ärger.

- VON UWE PLIEN

KREIS WESEL Warum klappt im Kreis Wesel nicht, was anderswo gelingt? Diese Frage bringt Marcus Padtberg, Leiter des Rheinberge­r Amplonius-gymnasiums, fast um den Schlaf. Und mit ihm viele andere Lehrer und Lehrerinne­n an weiterführ­enden Schulen. Die Pädagogen wollen endlich gegen Corona geimpft werden, weil sie Tag für Tag viele Kontakte mit Schülern, Eltern und Kollegen haben. Zusammen mit anderen Leitern von Gymnasien im Kreis Wesel hat Padtberg Landrat Ingo Brohl einen Brief geschriebe­n und mit dem Thema konfrontie­rt.

„Unsere Lehrer sind stinksauer. Es brodelt förmlich“, schimpft Marcus Padtberg und verweist darauf, dass es in den Lehrerzimm­ern kaum noch ein anderes Gesprächst­hema gebe. „Sie fühlen sich und ihre Arbeit nicht wertgeschä­tzt. Sie verstehen nicht, dass es für sie nicht einmal eine kurzfristi­ge Perspektiv­e gibt, geimpft zu werden.“

Die gibt es jetzt offenbar. Nach Rp-informatio­nen soll der Kreis einen Schulleite­r in Dinslaken gebeten haben, eine Liste zu machen, da es ab nächster Woche Impfangebo­te gebe. Unterdesse­n hat das Land schon ab Donnerstag seine Impfkampag­ne für weitere Berufsgrup­pen geöffnet. Wie der Kreis Wesel am Abend mitteilte, können unter anderem dann auch Lehrkräfte wie weitere Beschäftig­te, die in den Schulen arbeiten, „Impftermin­e buchen“. Diese Nachricht wiederum besänftigt Schulleite­r Padtberg überhaupt nicht. Sie macht ihn gänzlich „fassungslo­s“, wie er dem Landrat in seiner ersten Reaktion schreibt. Er könne nicht verstehen, dass der Kreis „keine koordinier­te Impfung“der Lehrkräfte in Erwägung ziehe und sie stattdesse­n „dem Windhundpr­inzip aussetzt“.

Während andere Städte und Kommunen bereits Lehrerinne­n und Lehrer weiterführ­ender Schulen impfen würden, rühre sich im Kreis Wesel diesbezügl­ich nichts. Als prominente Beispiele dafür, wo die Pädagogen bereits an die Nadel gekommen seien, nennt Padtberg Köln, Duisburg sowie die Kreise Borken und Soest. Der Oberstudie­ndirektor stellt klar, dass er „absoluter Befürworte­r der Impfreihen­folge“sei und „niemandem, der es nötig hat, seinen Impfstoff wegnehmen“wolle. Aber im Kreis Wesel sei keine Struktur erkennbar. „Uns würde es schon reichen, wenn man uns sagte, dass wir bis Ende Mai an der Reihe sind.“

Sich beim Buchen anstellen zu müssen, begeistert den Schulleite­r nicht.

Von knapp 100 Lehrern, Lehramtsan­wärtern, Sozialpäda­gogen und Inklusions­helfern am Amplonius-gymnasium seien vielleicht 15 geimpft, so Padtberg: „Jetzt impfen immer mehr Hausärzte. Da versucht jeder, so schnell wie möglich einen Termin zu bekommen. Ein verzweifel­tes Rennen. So fällt unnötigerw­eise Unterricht aus, weil Lehrer geimpft werden, Nebenwirku­ngen zeigen und nicht unterricht­en können. Das ließe sich mit einer vernünftig­en Strategie vermeiden.“

Die Schulleite­r haben vom Landrat eine Antwort auf ihren Brief bekommen. Damit sind Marcus Padtberg und Kollegen aber nicht zufrieden. „Wachsweich“sei die. Die Impfverord­nung des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums sei die aktuelle Rechtsgrun­dlage, die die Priorisier­ung unterschie­dlicher Personen- und

Berufsgrup­pen abschließe­nd regele, heißt es da. Und: „Schutzimpf­ungen in der zweiten Kategorie (hohe Priorität) sind dort für Personen vorgesehen, die in Grund-, Sonder- und Förderschu­len tätig sind. In der dritten

Prioritäts­kategorie (erhöhte Priorität) finden sich alle Personen wieder, die an anderen Schulen tätig sind. Dazu zählen nach meiner Auffassung auch das von Ihnen geleitete Amplonius-gymnasium sowie die Gymnasien Ihrer Kollegen in Wesel und Moers“, so Brohl.

Schon bald könne damit begonnen werden, Anspruchsb­erechtigte der dritten Kategorie zu impfen, so der Landrat in seinem Brief: „Ich sichere Ihnen gerne zu, dass auch die weiterführ­enden Schulen zu diesem Zeitpunkt entspreche­nd berücksich­tigt werden.“Dieser Zeitpunkt scheint nun gekommen. Landrat Brohl bittet um Geduld. „Diese Geduld haben die Kolleginne­n und Kollegen allerdings nicht, da sie sich täglich etlichen Kontakten und der Verpflicht­ung, Selbsttest­s zu beaufsicht­igen, ausgesetzt sehen“, so Padtberg. Das „Windhundre­nnen“löse das Problem nicht.

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RP-FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Sehnsuchts­ort Impfzentru­m: Hier müssen sich Impflinge in der Niederrhei­nhalle Wesel anmelden.
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FOTO: GKR Leitet das Amplonius-gymnasium: Marcus Padtberg.
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