Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Händler sehen Kontrollen skeptisch
Seit gestern dürfen die Geschäfte für getestete, geimpfte und genesene Kunden öffnen. Händler bezweifeln, dass die Kontrollen an der Ladentür korrekt durchführbar sind.
DINSLAKEN (aha) Als der erste Kunde beim Friseur Pottschnitt mit einem positiven alten Corona-test Einlass begehrt hat, haben die Angestellten zuerst gestutzt. Seit Montag sind von Corona genesene mit getesteten und geimpften Bürgern gleichgestellt.
Und was beim Friseur schon zu Wochenbeginn galt, wird nun auch für den Einzelhandel im Kreis Wesel relevant. Seit gestern dürfen die Geschäfte wieder fürs Shoppen mit Terminvergabe öffnen. Aber Händler zweifeln an der Durchführbarkeit der Kontrollen an der Ladentür. Wie wird eine überstandene Corona-infektion nachgewiesen, wer muss wie häufig geimpft sein? Die Stadt Dinslaken macht auf die Coronaschutzverordnung aufmerksam.
Danach kann die Immunisierung auf mehreren Wegen nachgewiesen werden: 1. Durch eine vor mindestens 14 Tagen abgeschlossene vollständige Impfung mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoff. 2. Durch ein positives Testergebnis (PCR, POC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik), das mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegt. 3. Oder die Kontrolle des Nachweises liege in der Hand der Geschäftsinhaber bzw. Mitarbeiter oder der Ordnungsbehörde, so Stadtsprecher Marcel Sturm.
Ina Magedanz, Inhaberin der „Quiltzauberei“in Dinslaken, hält diese Vorgaben für „nicht realistisch durchsetzbar. Wir als Einzelhandelskaufleute werden hier in die Verantwortung gezogen, Dinge zu kontrollieren, zu welchen wir die fachlichen Grundvoraussetzungen nicht erfüllen.“Allein aus dem Bekanntenkreis seien ihr mehrere Varianten von Impfpässen und Impfbestätigungen bekannt: „Nun werde ich dazu gezwungen, darüber zu entscheiden, was echt ist.“Und: „Woher weiß denn eine Einzelhandelskauffrau, welche Impfstoffe zugelassen sind?“So sei im Volksmund zwar „Biontech“bekannt, aber nicht, dass „im Impfpass dafür Cominarty eingeklebt wird“, so Ina Magedanz.
Grundsätzlich sei die Wiederöffnung des Handels „natürlich positiv zu bewerten“, betont Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverbands Niederrhein. Allerdings würden den Händlern „sehr kurzfristig immer neue Prüfobliegenheiten auferlegt“, die einer entsprechendem Information und Einweisung des Personals bedürfen. „Unabhängig davon, dass nicht bekannt ist, wie die Dokumente aussehen, um deren Zulässigkeit bewerten zu können, sind von den Mitarbeitern am Eingang umfangreiche Erhebungen zu den zeitlichen Abläufen der Impfungen und Pcr-testungen vorzunehmen.“Sie bezweifelt, „dass dies in der Praxis in jedem Einzelfall abzuleisten ist, zumal personeller Aufwand und Kosten komplett vom Handel zu tragen sind.“
Durch die Testpflicht sei die Kundenfrequenz in in vielen Betrieben ohnehin niedrig und würde „einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht ermöglichen,“sagt Doris Lewitzky. „Der Handel ist daher skeptisch, dass die Öffnung für die Gruppe der Geimpften und Genesenen hier eine wesentliche Verbesserung erwarten lässt.“Schon als nur die Testpflicht galt, hatten einige Geschäfte in Dinslaken gar nicht erst geöffnet.
Jürgen Lange-flemming, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Dinslaken, wünscht sich daher die Abschaffung der Terminvergabe. Diese sei für die Kunden ein Hindernis, einkaufen zu gehen und benachteilige die Geschäfte in der Innenstadt gegenüber Supermärkten. „Alle Geschäfte haben ein Hygienekonzept“, sagt er. Er fordert, den Zugang über einen Pass oder Qr-code auf unkomplizierte Weise zu ermöglichen.
Ohnehin ist die Online-terminvergabe teils Makulatur – in vielen Geschäften kann man spontan an der Tür einen „Termin“vereinbaren. Das sei kein Geheimnis.
Und daher fürchtet auch Händlerin Ina Magedanz, dass es nun auch angesichts der aufwendigen Kontrollen „viele Einzelhandelsstandpunkte geben wird, die in ihrer finanziellen Not einfach pauschal durchwinken werden“.