Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der Müll, die Stadt und die Kernfrage
nung“, Helmut Wisniewski (USD) hatte rechnen lassen und ein „ganz anderes Ergebnis als die FWI“vorgelegt bekommen – sprich: das Wiegesystem sei günstiger. Die FDP will die Chance zu einer Prüfung nutzen.
Michael Möllenbeck (SPD) führte die Folgen eines anderen Systems an, etwa den zusätzlichen Transport von Grünschnitt zur Kompostieranlage Asdonkshof nach Kamp-lintfort, die aber voll ausgelastet sei, weil dort auch der Kreis Viersen anliefert, was wiederum Ergebnis von vorherigen Auslastungsproblemen der Müllentsorgungsanlage des Kreises Wesel war. Vor allem, so Möllenbeck: „Die Bürger sind total zufrieden mit dem Wiegesystem.“
So sieht es Ulrich Streich (FWI) nur begrenzt. Als ehemaliger Leiter des Weseler (Entsorgungs-) Eigenbetriebs ASG ein Mann vom Fach, sieht er den Zeitpunkt der Debatte als „genau richtig“an. „Alle Fakten müssen auf den Tisch“, sagte er und begrüßte, dass der Klimabeirat einbezogen werden soll. Wenn dieser sich für egal welches System ausspreche, sei die FWI dabei. Man wolle aber Fortschritte erzielen, etwa bei der Windelannahme, vor allem aber beim Service in Sachen Biomüll. „Hier gibt es Potenzial nach oben“sagte er.
Die Pro-müllwaage-fraktionen SPD und Grüne sahen ebenfalls Verbesserungsbedarf. 14-tägige-abgabetermine in den Ortsteilen statt Biotonne halten sie für positiv, Holsystem bei der Windelentsorgung und ein Wertstoffhof wären auch gut. Die Debatte kommt insgesamt spät, der Bürgermeister hatte bisher auf eine Entscheidung im Juni gesetzt, „damit wir wissen, wie wir im Herbst ausschreiben müssen“. Am 23. Juni ist im Bauausschuss die nächste Chance, bis dahin soll das „Bild rund sein“. Mit diesem Termin sei „eine Brücke gebaut“, wie es in plötzlicher Friedfertigkeit hieß.
Dass vor einer neuen Auftragsvergabe bei der Müllabfuhr hart debattiert wird, ist völlig in Ordnung. Schließlich geht es um das Geld des Gebührenzahlers. Dass aber ein etabliertes Abfuhrsystem mit der Müllwaage plötzlich politisch auf die Kippe gestellt wird, ist fragwürdig. Das Hamminkelner System steht nicht in der Kritik der Bürger, es ist anerkannt. Und Beschwerden sind im Rathaus bis auf Einzelfälle nicht bekannt.
Politisch gab es immer mal wieder Kritik an der Müllwaage, aber die drang nicht bis in den Kern der Sache vor. Wenn es nun heftig um einen Prüfauftrag geht, ist das nicht verkehrt. Vor allem, weil die Ausschreibung zur Entsorgung ansteht. Verbesserungen sind immer machbar, aber für einen Systemwechsel gibt es keinen entscheidenden Grund. Es ist Demokratie, wenn die politischen Meinungen aufeinanderprallen, was man alles tun und ändern müsste. Am Ende wird der Bürger darauf achten, ob ihm gebührenmäßig mehr in die Tasche gegriffen wird. Letztlich geht es bei der Debatte um die Grundsatzfrage, ob Hamminkeln das Wiegesystem weiter will oder nicht. Es lässt sich vermuten, dass eine Änderung teuer wird. Es ist sicher, dass etwa eine braune Tonne viele klimaschädliche Kilometer zum (ausgelasteten) Asdonkshof verursacht. Das ist die eine Seite. Die andere handelt vom Müll als Kernthema der FWI und ihrem Dissens mit einer genervten Verwaltungsspitze. Die hat sich andere Dinge vorgenommen anstatt jetzt einen üppigen Fragenkatalog zu beantworten, der Kapazitäten bindet und womöglich mit zugekauften Fachleuten bezahlt werden muss. FWI und Bürgermeister – das wird keine harmonische Geschichte mehr. Thomas Hesse