Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Altstadt – historisch, grün, experimentell
Wie geht es weiter mit der Altstadt? Online können die Duisburger über drei Szenarien abstimmen. Dabei geht es um eine Wiederbelebung historischer Elemente, „grünes“Wohnen oder die Altstadt als „experimentelles Zukunftslabor“.
Mehr als nur ernüchternd ist die Analyse, die den Ist-zustand der Duisburger Altstadt beschreibt. Die Dortmunder Büros „pp a/s pesch partner architekten stadtplaner Gmbh“und „Junker + Kruse“haben drei Szenarien zur Zukunft der Altstadt entwickelt, die Auswege aufzeigen soll. Zuvor listen sie aber die Defizite auf – und die sind nicht unerheblich. Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit sorgte dafür, dass die Altstadt ihr Gesicht verlor. Nahezu alle historischen Gebäude waren zerstört, die engen Gassen wichen breiten Straßen und wurden zunehmend „autogerechter“gemacht.
Das Ende der Altstadt als Einkaufszone kam dann spätestens Anfang dieses Jahrhunderts mit der Schließung der größten Geschäfte. C&A (2009) folgten Sinn Leffers (2010), Unipolster (2013) und Peek & Cloppenburg (2013/14). Der Knüllermarkt und die Netto-filiale konnten dies nur zum Teil kompensieren, die Gebäude von C&A und Unipolster stehen leer oder haben nur temporäre Nutzungen.
2016, so konstatieren die Planungsbüros, standen in der Altstadt insgesamt etwa 50 Geschäftslokale leer. Die Aktivitäten des 2015 eingerichteten Quartiersbüros sorgten für eine teilweise Neubelebung. Aktuell stehen rund 20 Geschäfte mit rund 20.000 Quadratmetern Fläche leer oder werden lediglich als Lager genutzt. Da in der gesamten Innenstadt mit einem weiteren Rückgang des Handels zu rechnen sei, müsse auch die Altstadt „neu gedacht“werden. Die klare Schlussfolgerung der von der Stadt beauftragen Planungsbüros: „Ein Gesundschrumpfen beziehungsweise Einziehen, wie es bereits auch das Einzelhandelsund Zentrenkonzept 2018 durch die Herausnahme der Altstadt aus dem Zentralen Versorgungsbereich vorgenommen hat, ist erforderlich, wenn das Einzelhandelsangebot räumlich nicht völlig auseinanderbrechen und dadurch weiter an Attraktivität verlieren soll.“Denn auch die übrige Innenstadt hat in Sachen Einzelhandel Probleme – und eine rund eine Kilometer lange Einkaufszone vom Hauptbahnhof bis zum Calaisplatz inklusive der Nebenstraße erscheint den Fachleuten als völlig überdimensioniert.
Als Bürostandort komme die Altstadt künftig aber durchaus in Frage. auch für Wohnungen und Öffentliche, Bildungs- und Sozialeinrichtungen biete sich Zukunftspotenzial. Während es für neue Hotels hier keine Perspektive gebe, ist Potenzial für Gastronomie dann vorhanden, wenn das Umfeld entsprechend gestaltet ist. Vor diesem Hintergrund haben die Stadtplaner drei unterschiedliche Zukunftsbilder für die künftige Duisburger Altstadt entwickelt.
Szenario 1: „Auf den Spuren alter Zeiten“– die historisch geprägte Altstadt Dieses Szenario basiert auf einer Rückbesinnung auf die Geschichte. „In der Gastronomiemeile rund um die Münzstraße und den Holzhafen lässt es sich gut essen und bummeln. Neben trendigen Lokalen gibt es romantische Gassen an der Stadtmauer, gemütliche Plätze mit Flair und eine neue Hafenpromenade. In kleinteilig geprägten Gebäuden, Gassen auf Plätzen und entlang der historischen Stadtmauer solle ein Viertel für Einheimische und Auswärtige zum Bummeln und Entspannen entstehen. Neue Gastronomieangebote, vereinzelter hochwertiger Einzelhandel, Kulturangebote und kleine Handwerksbetriebe mit angeschlossenen Ladenlokalen, die ursprünglich typisch für historische Innenstädte waren, prägen das Viertel. Ruhige Straßen im westlichen Teil dienen dem innerstädtischen Wohnen. Die nördliche Altstadt mit dem Rathaus soll mit der südlichen Altstadt in diesem Szenario wieder zu einer Einheit verschmelzen. Großimmobilien müssen dazu umgebaut oder abgerissen werden, die Schwanenstraße wird verkehrsberuhigt, der Bootstourismus verstärkt.
Szenario 2: „Ein Ort zum Durchatmen“– Grünes Wohnen am Innenhafen Lichtdurchflutete Wohnungen mit grünem Innenhof – und das in der Innenstadt. Auch hier müssen größere Häuser abgerissen werden. Dafür soll es eine grüne Uferkante am Wasser geben. Zwischen der Grundschule und dem Münzplatz könnte ein zentraler Park entstehen. „Grüne Blockinnenbereiche, Parks und baumbestandene Straßenzüge schaffen ein familienfreundliches Wohnumfeld und sorgen für ein angenehmes Stadtklima“, so die Planer. Dabei soll aber keine Konkurrenz zu den anderen Wohnbauentwicklungsflächen in Duisburg entstehen. Stadtteilzentrum wird die Münzstraße für die Grundversorgung, Dienstleistungen, Gesundheitsbedarf und Arztpraxen. Quartiersgaragen an den Rändern sollen im Quartier selbst für eine Verkehrsberuhigung sorgen.
Szenario 3: „Neues Leben hinter alten Fassaden“– Die Altstadt als experimentelles Zukunftslabor Ein hippes Szeneviertel mit Startups in Bürolofts, Ideenschmieden und neuen Arbeits- und Wohnformen sind der Kern dieses Zukunftsbildes. Der Fokus ist dabei zunächst auf die Umnutzung und Umgestaltung des Gebäudebestandes ausgerichtet. Die künftigen Nutzungen im Quartier bilden Schwerpunkte in den Bereichen Forschung, Wissen, Bildung und neue Technologien. Universitäre und universitätsnahe Ansiedlungen würden gleichermaßen langfristig angesiedelt. Auch Energieerzeugung soll eine Rolle spielen: dezentrale Solarenergie und Windkraftanlagen, Geothermie, Blockheizkraftwerke. Ziel ist ein „Nullenergiequartier“durch Sanierungen und Umbauten. Die E-mobilität soll gestärkt werden, die „smarte Altstadt“zudem auf Digitalisierung setzen.