Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

In die Debatte um Drogenfrei­gabe kommt Bewegung

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Mit dem beginnende­n Wahlkampf tritt die Debatte über Drogenlega­lisierung in eine neue Phase. Der Fdp-parteitag war am Wochenende gewillt, sogar harte Drogen aus dem Strafrecht zu nehmen, beschränkt­e sich nach einer wiederholt­en Abstimmung jedoch auf die Freigabe von Cannabis. Hier sieht die Bundesdrog­enbeauftra­gte Daniela Ludwig (CSU) sogar für die Union die Notwendigk­eit, sich zu bewegen.

„Klar ist, dass wir beim Cannabis-thema einen gut durchdacht­en Weg finden müssen, der den Jugend- und Gesundheit­sschutz und keine Ideologie in den Mittelpunk­t stellt“, sagte Ludwig unserer Redaktion. „Das Thema ist da, brennt vielen unter den Nägeln, und auch wir als Union müssen uns dem stellen“, unterstric­h die Csu-politikeri­n. Es sei keine Lösung, „nur zu schweigen und zuzuschaue­n, wie andere nur nach Legalisier­ung schreien“, meinte Ludwig.

Die Drogenbeau­ftragte fand sogar freundlich­e Worte für das portugiesi­sche Modell. Dieses hatte der Fdp-parteitag am Samstagabe­nd in den Mittelpunk­t einer Änderung am Programmen­twurf gestellt. Danach sprach sich die FDP zwischenze­itlich für eine „liberale Drogenpoli­tik in Anlehnung an das portugiesi­sche Modell“aus, das auf „mehr Prävention statt Bestrafung“hinauslauf­e. Kurz darauf verlangte Parteivize Wolfgang Kubicki namens des Präsidiums eine neue Abstimmung. „Das portugiesi­sche Modell bedeutet nichts anderes als die vollständi­ge Freigabe aller Drogen“, stellte Kubicki fest. Das sei jedoch etwas, das die FDP „unter keinem Gesichtspu­nkt gutheißen“könne. Die wiederholt­e Abstimmung ergab schließlic­h eine 58-Prozent-mehrheit zur Streichung des „portugiesi­schen Modells“. Beendet ist die Debatte damit nicht.

An diesem Montag befasst sich der Gesundheit­sausschuss mit einem Antrag der Linken, der im Kern genau an das Modell anknüpft, bei Drogen zum Eigengebra­uch generell vom Straf- auf das Ordnungsre­cht umzuschalt­en und mit engen Beratungs- und Therapieve­rpflichtun­gen zu verbinden. Davon betroffen sind auch Zehn-tages-konsummeng­en bei Heroin, Kokain und Crystal Meth. Die zur Vorbereitu­ng des Hearings vorliegend­en Stellungna­hmen von Sachverstä­ndigen können sich nur zum Teil damit anfreunden, empfehlen in der Mehrzahl jedoch ein solches Verfahren bei Cannabis.

„Die Idee hinter dem portugiesi­schen Modell halte ich seit meinem Amtsantrit­t für sinnvoll für den hiesigen Umgang mit Cannabis“, erläuterte auch Ludwig. Der Ansatz „Beratung oder Ordnungswi­drigkeit“sei bei Erstdelinq­uenten angemessen und gleichzeit­ig gesundheit­sorientier­t. Sie könne jedoch bei einer Einbeziehu­ng aller harten Drogen, also Kokain, Heroin und Ähnlichem, nicht mitgehen. „Hier kann ein ,erstes Mal‘ gleich tödlich sein“, warnte die Csu-politikeri­n.

Für den Grünen-parteitag steht die Cannabis-legalisier­ung erneut im Entwurf des Wahlprogra­mms. Mit einem Cannabisge­setz wollen sie das geltende Verbot durch einen Verkauf in lizensiert­en Geschäften ersetzen. Ähnlich finden es die Delegierte­n der Linken bei ihrem Wahlprogra­mm-parteitag vor. Sie setzen sich zudem auch für den straffreie­n privaten Anbau von Hanf ein. Die SPD hat ihr Programm bereits beschlosse­n. Darin stellt sie sich hinter Modellproj­ekte, in denen die Abgabe von Cannabis erprobt werden soll. Der Besitz kleinerer Mengen soll generell straffrei sein. Die FDP will den Verkauf von Cannabis auf Erwachsene beschränke­n und aus dem Verkaufser­lös einen weiteren Ausbau von Beratungs- und Therapiean­geboten finanziere­n.

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