Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Razzia gegen islamistische Vereine
Innenminister Horst Seehofer geht gegen Unterstützer der Terrormiliz Hisbollah in Deutschland vor.
BERLIN Das Bundesinnenministerium hat drei Vereine verboten, die im Verdacht stehen, die islamistische Terrororganisation Hisbollah in Deutschland zu unterstützen. Es handelt sich dabei um die Vereine „Deutsche Libanesische Familie“, „Menschen für Menschen“und „Gib Frieden“, die als Ersatzorganisationen des bereits 2014 verbotenen „Waisenkinderprojekts Libanon“( WKP) gelten. Gleichzeitig fanden am Mittwoch Razzien in insgesamt sieben Bundesländern statt, darunter auch in Nordrhein-westfalen. Laut Bundesinnenministerium haben die nun verbotenen Vereine die verfassungswidrigen Bestrebungen des WKP weiter verfolgt. Dies ergebe sich sowohl aus deren Aktivitäten als auch aus den internen Zielsetzungen.
Die regionalen Schwerpunkte der Razzia lagen in Rheinland-pfalz und Niedersachsen. Bundesweit durchsuchte die Polizei insgesamt 20 Objekte, darunter auch Privatwohnungen. Dabei wurden Geld, Unterlagen und Mobiltelefone beschlagnahmt. Zu Widerstand sei es nicht gekommen. In NRW fand eine Durchsuchung in Dorsten im Kreis Recklinghausen statt. Dort wurde nach Aussage von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) die Privatwohnung eines langjährigen WKP-ANhängers durchsucht. Insgesamt seien 50 Kräfte der Landespolizei im Einsatz gewesen.
Anders als der Name der verbotenen Vereine vermuten lässt, haben „Deutsche Libanesische Familie“, „Menschen für Menschen“und „Gib Frieden“keine wohltätigen Zwecke verfolgt. Ihr primäres Ziel war die Akquise von Spendengeldern und die Vermittlung von Patenschaften zugunsten der „Shahid-stiftung“der islamistischen Hisbollah (auch „Hizb Allah“). Die Terrormiliz bestreitet das Existenzrecht Israels. Sie propagiert den bewaffneten, mit terroristischen Mitteln geführten Kampf gegen Israel.
Reul schlug mit Blick auf die Eskalation im Nahen Osten eine Brücke zwischen den Vereinsverboten und der deutschen Verantwortung für den Schutz Israels. Die drei Vereine hätten durch das Spendensammeln für die Hisbollah den Kampf gegen den Staat Israel finanziert. „Unsere Freundschaft zum Staat Israel und zum israelischen Volk verbietet es, dass wir diese Vereine schalten und walten lassen, um Angriffe auf Israel zu finanzieren und dafür Geld zu sammeln“, sagte Reul am Mittwoch in Düsseldorf.
Die Grünen warfen dem Bundesinnenministerium dagegen ein verspätetes Vorgehen gegen die Hisbollah-unterstützer in Deutschland vor. „Erst angesichts unserer deutlichen Nachfragen, des eskalierenden Konflikts im Nahen Osten und der abscheulichen, offen antisemitischen Vorfälle der letzten Tage erkennt auch das Bundesinnenministerium, dass es echter Handlungen im Kampf gegen die Terrororganisation und ihrer Unterstützer in Deutschland bedarf“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, unserer Redaktion.
Das 1997 gegründete und 2014 verbotene WKP hatte seinen Sitz in Essen und unterhielt Zweigstellen in Berlin, Göttingen und Hannover. Die Organisation hatte von 2007 bis Ende August 2013 über drei Millionen Euro an die „Shahid-stiftung“der Hisbollah überwiesen.