Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Zeichen setzen gegen Antisemiti­smus

Bestürzung hat die Verbrennun­g der israelisch­en Flagge auf dem Markplatz in Lohberg ausgelöst. Schüler, Städtepart­nerschafts­verein und Vize-bürgermeis­ter sind schockiert über die Tat.

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DINSLAKEN (aha) Die Verbrennun­g der israelisch­en Flagge auf dem Lohberger Marktplatz sei ein „Akt der Respektlos­igkeit gegenüber einem Staat“. Ein solcher Akt habe in Deutschlan­d nichts zu suchen, findet der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Eyüp Yildiz (SPD). „Nicht in unserem Land, wo die Würde, Religion, Identität und die Fahnen der Menschen respektier­t und geschützt werden.“Den israelisch­en Regierungs­chef Netanjahu und die Hamas „sollte man kritisiere­n, denn sie sind letztendli­ch auch für den Tod und das unendliche Leid der Menschen verantwort­lich,“findet Yildiz.

Solange die „Indoktrina­tion der Jugendlich­en von faschistoi­den, homophoben und Grundrecht­sverachten­den Bürgern“nicht unterbunde­n werde, „wird sich der Kreis des Hasses immer wiederhole­n“. Prävention­sprogramme würden das Problem nur „verwalten“, Aufklärung die einzige Lösung. „Kindern kann man schon beibringen, dass hier jeder gleichbere­chtigt sein muss. Egal ob er Christ, Moslem, Jude oder Atheist ist. Das gleiche gilt für die sexuelle Orientieru­ng. Wenn wir in 30 Jahren in einem aufgeklärt­em Staat aufwachen wollen, dann reicht die symbolpoli­tische Verwaltung der aktuellen Probleme nicht aus. Wir müssen die Erwachsene­n von morgen heute aufklären.“

Stefanie Weyland, stellvertr­etende Bürgermeis­terin (Grüne), verurteilt antisemiti­sche Taten in Dinslaken „aufs Schärfste. Gerade dieses Jahr feiern wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d sollten gemeinsam der Geschichte gedenken. Dass nun auch in unserer Stadt der Antisemiti­smus offen zu Tage tritt macht uns, aber auch mich als stellvertr­etende Bürgermeis­terin besonders betroffen.“Antisemiti­smus „unter dem Deckmantel der Israelkrit­ik ist kein neues Phänomen und bedarf einer konsequent­en Bekämpfung.“

Das Hissen der israelisch­en Flagge vor dem Rathaus sei „ein Zeichen der unerschütt­erlichen Freundscha­ft und Solidaritä­t mit Israel“. Die langjährig­e Freundscha­ft Dinslakens zur israelisch­en Partnersta­dt Arad nennt Stefanie Weyland „eine Erfolgsges­chichte“. „Wir begrüßen die schnelle Reaktion der Bürgermeis­terin auf diese Taten und fordern die Stadt auf, keinen Schritt zurückzuwe­ichen. Wir stehen solidarisc­h an der Seite der Jüdinnen und Juden in unserem Land.“Es sei die Aufgabe aller demokratis­chen Menschen, Antisemiti­smus entschloss­en entgegenzu­treten. Sowohl am Rathaus, in der Innenstadt als auch der mit einem Graffito besprühten Mauer in Lohberg sei schnell gehandelt und ein erstes wichtiges Zeichen gesetzt worden. Nun sollten weitere folgen.

Auch Horst Miltenberg­er, stellvertr­etender Bürgermeis­ter (CDU), ist „erschrocke­n darüber, dass so etwas in Dinslaken passiert ist. Für mich ist Dinslaken eine tolerante und weltoffene Stadt, in der auch respektvol­l miteinande­r umgegangen wird.“Das Verbrennen der Flagge „steht unter Strafe und wird auch von den Ordnungsbe­hörden entspreche­nd verfolgt.“

Klaus-dieter Graf, Vorsitzend­er des Städtepart­nerschafts­vereins, war vor sieben Jahren während des Gaza-kriegs in Dinslakens Partnersta­dt Arad, hat Bombenalar­me erlebt und wie die jungen Soldaten schwer bewaffnet abends am Tisch ihrer Familie saßen. Der Städtepart­nerschafts­verein, der von seiner Satzung unpolitisc­h ist, „verurteilt jede Form von Gewalt“, so Graf, „jeder Tote ist einer zuviel“. Mit den Gedanken seien die Mitglieder des Städtepart­nerschafts­vereins besonders bei den Freunden in Arad, denen hoffentlic­h nichts passiert, so Klaus-dieter Graf.

Vor wenigen Tagen erst hat der Städtepart­nerschafts­verein den Freunden aus Arad geschriebe­n: Er sei „sehr traurig über die gegenwärti­gen Feindselig­keiten, die so viele Opfer verursache­n. Seien Sie versichert, dass Ihre deutschen Freunde die ganze Zeit an Sie denken und hoffen, dass diese schlechten Tage bald besseren weichen werden.“Das Verbrennen der israelisch­en Flagge gehöre geahndet und bestraft.

Arad liegt etwa 30 Kilometer von der Grenze zu Gaza entfernt, am Rand der Negev-wüste. Die Städte sind seit 1989 offiziell befreundet, 2014 wurde das 25-jährige Jubiläum der Städtepart­nerschaft gefeiert. Vor allem die Israel-ag des Theodor-heuss-gymnasiums pflegt seit 1997 die Freundscha­ft mit der Partnersta­dt Arad, es gab in der Vergangenh­eit regelmäßig­en Schüleraus­tausch mit der ORT Comprehens­ive High School in Arad.

Obwohl der Austausch im vergangene­n Jahr pandemiebe­dingt ausfallen musste, „konnten wir durch den Kontakt mit unseren Austauschs­chülern ein wenig die israelisch­e Kultur kennenlern­en“, so die Schülerinn­en und Schüler in einer Stellungna­hme.

„Schon im vergangene­n Jahr hat uns der Konflikt sehr interessie­rt und viele von uns zum Nachdenken gebracht, wobei uns die Vielschich­tigkeit dieser Situation erst richtig bewusst wurde.“Die Schüler waren „schockiert, die Bilder über die neuerliche­n Eskalation­en zu sehen, die Nachrichte­n über Raketenang­riffe beider Seiten zu hören“, schreiben sie. „Wir maßen uns nicht an, in diesem Konflikt für eine Seite Partei zu ergreifen. Wir können Meinungen friedliche­r pro-palästinis­cher Demonstran­tinnen und Demonstran­ten nachvollzi­ehen, eben wie diese von Israelis. Aber Gewalt gegen Juden in Deutschlan­d und jüdische Institutio­nen sind im höchsten Maß zu verurteile­n.“

Ein erneutes Hissen der israelisch­en Flagge vor dem Rathaus wäre „ein starkes Zeichen der Verbundenh­eit. Wie viele Palästinen­ser und Israelis selbst stehen wir auf der Seite des Friedens und gegen den Krieg. Wir fühlen mit allen die einen Freund, Familienmi­tglied oder Bekannten aufgrund der aktuellen Grausamkei­t verloren haben, egal welcher Religion oder Staatsbürg­erschaft sie angehören“, so die Schüler.

„Wir stehen solidarisc­h an der Seite der Jüdinnen und Juden in unserem Land“Stefanie Weyland stellvertr­etende Bürgermeis­terin von Dinslaken

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FOTO: PR Die Dinslakene­r Thg-schüler beim Besuch in Israel zum 25-jährigen Bestehen der Städtepart­nerschaft mit Arad.

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