Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Kinderärzt­e sollen Kinder impfen

Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g hält nichts von Schulimpfu­ngen. Für Menschen ohne Hausarzt soll es bald eine Liste von Praxen geben, die auch fremde Patienten impfen. Im Juni soll es auch für chronisch Kranke neue Termine geben.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Corona-impfkampag­ne schreitet voran: 40 Prozent der Nrw-bürger haben eine erste Dosis erhalten, elf Prozent den vollen Schutz. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein (KV) geht davon aus, dass alle impfwillig­en Erwachsene­n bis spätestens August ein Angebot erhalten. „Noch ist Impfstoff knapp, aber es geht in großen Schritten voran“, sagte Kv-chef Frank Bergmann und erklärte, wer nun wie an einen Termin kommt.

Was ist, wenn ich keinen Hausarzt habe?

Auch für Bürger, die keinen Hausarzt haben, soll nun eine Lösung gefunden werden. Die KV erstellt gerade eine Liste von Praxen, die auch Bürger impfen wollen, die nicht ihre Patienten sind. „Vielleicht findet hier mancher sogar seinen neuen Hausarzt“, sagte Bergmann. Zugleich wartet die KV noch auf Informatio­nen, wie sich Bürger nach dem Fall der Priorisier­ung in den Impfzentre­n anmelden können. Hier sei das Nrw-gesundheit­sministeri­um am Zug.

Wo werden Kinder geimpft?

Die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur (Ema) dürfte voraussich­tlich kommende Woche den Impfstoff von Biontech für Kinder ab zwölf Jahren zulassen. Am Donnerstag wollen Kanzlerin und Ministerpr­äsidenten beraten. Noch im Juni soll in NRW das Impfen für diese Altergrupp­e beginnen. Hier geht es laut KV um 1,5 Millionen Kinder. Noch wird debattiert, wie dies erfolgen soll: als Massenimpf­ung in den Schulen, wie es früher etwa bei Röteln-impfungen üblich war, oder in den Praxen. Bergmann hat eine klare Meinung: „Das Impfen der Kinder soll in den Kinderarzt-praxen erfolgen, nicht in den Schulen.“Zumal die Schulen am 5. Juli in die Sommerferi­en gehen und es auch Probleme mit der Organisati­on der Zweitimpfu­ng gebe, so der Kv-chef. Klar ist: Eine Priorisier­ung innerhalb der Kinder-gruppe sei nicht vorgesehen.

Wie kommen Chroniker an einen Termin?

Die Ständige Impfkommis­sion kritisiert, dass die Priorisier­ung zu früh aufgehoben wird. Denn noch warten viele chronisch Kranke, die zur Priorisier­ungsgruppe 3 gehören, auf eine Erstimpfun­g. Impfzentre­n und Hausärzte können derzeit kaum Erstimpfun­gen vornehmen, weil die Lieferunge­n im Mai gerade mal für die Zweitimpfu­ngen der früher versorgten Menschen reichen. „Im Juni werden die Erstimpfun­gen deutlich anziehen“, versprach Bergmann mit Blick auf die Lieferprog­nosen. Die Betroffene­n sollten daher den Kontakt zu ihren Haus- oder Fachärzten halten oder es bei den Impfzentre­n versuchen.

Wen dürfen die Betriebsär­zte impfen?

Die Impfungen in Unternehme­n starten am 7. Juni. Anspruch auf eine Impfung sollen „alle Betriebsan­gehörigen“haben, unabhängig vom Wohnsitz, heißt es im Entwurf zur geänderten Impfverord­nung. Damit sind also auch Grenzpendl­er, Saisonarbe­iter, freie Mitarbeite­r und Minijobber gemeint. Was für die Betriebe wichtig ist: Sollte es zu Impfschäde­n kommen, haften nicht sie, sondern der Staat. Zudem dürfen Firmen ihre Mitarbeite­r nicht zu Impfungen zwingen. „Mit dem Einsatz der Betriebsär­zte kommen jetzt nicht mehr die Menschen zum Impfstoff, sondern der Impfstoff kommt zu den Menschen“, sagte Steffen Kampeter, Hauptgesch­äftsführer der Bundesvere­inigung der Arbeitgebe­rverbände. Dies kann mit Blick auf Impfmuffel hilfreich sein: Es komme bald eine Phase, in der die Menschen zu überzeugen seien, denen der Weg zum Arzt zu weit sei, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU): „Gelegenhei­t macht Impfung.“

Wie sieht es mit Astrazenec­a aus?

Der Impfstoff mit dem Imageprobl­em ist kein Ladenhüter mehr: 87,6 Prozent des nach NRW gelieferte­n Impfstoffs von Astrazenec­a seien bereits verimpft, erklärte KVChef Bergmann. Zum Vergleich: Bei Biontech seien es 92,6 Prozent. „Es liegt nichts rum, es wird nichts weggeworfe­n“, betonte Bergmann. Bei Astrazenec­a ist die Priorisier­ung bereits gefallen: Jeder kann sich damit nun impfen lassen, wenn er einen Termin ergattert. Bei unter 60-Jährigen ist (wegen der vereinzelt aufgetrete­nen Thrombosen) eine individuel­le ärztliche Beratung nötig.

Wie kommt die Impfbestät­igung in den digitalen Pass?

Bislang bescheinig­en die Ärzte die Impfung im gelben Impfpass der Weltgesund­heitsorgan­isation oder im weißen Impfbuch, das es früher gab. Um sich Eu-weit ausweisen zu können, wird es nun einen digitalen Impfpass geben (s. unten). Bergmann lehnt es ab, dass Praxen die Impfungen in den digitalen Pass nachtragen: „Das können die Praxen nicht leisten. Wir sollten sie nicht mit administra­tiven Aufwand belasten.“Stattdesse­n sollten Bürgerbüro­s oder Apotheken das übernehmen.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Krankensch­wester bereitet eine Impfung vor: In NRW soll das Impfen der Kinder im Juni starten.
FOTO: DPA Eine Krankensch­wester bereitet eine Impfung vor: In NRW soll das Impfen der Kinder im Juni starten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany