Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Vor zehn Jahren starb die Malerin Ingeborg ten Haeff. Ein Blick auf ihr Leben.
Die Malerin Ingeborg ten Haeff (1915-2011) hat ihre Heimat Wesel nie vergessen. 2006 wurden einige ihrer Werke hier ausgestellt. Vor zehn Jahren ist die weitgereiste Frau der Extraklasse in New York gestorben. Ein Blick auf ihr Leben.
WESEL Es gibt Frauen, die allein mit ihrer Ausstrahlung öffentliches Interesse auf sich ziehen. Wenn zusätzlich auch noch eine außerordentliche Begabung hinzukommt, können diese Frauen zu gefeierten Persönlichkeiten werden. Ingeborg ten Haeff war eine dieser besonderen, großen Damen ihrer Zeit, eine Künstlerin der Extraklasse. Wenn ten Haeff einen Raum betrat, stand sie im Fokus des Geschehens.
Am 31. Juli 1915 wurde sie in Düsseldorf geboren, zu einer Zeit, als die Rolle der Frau noch eng begrenzt und vorbestimmt war. Schon früh hat sie ihre Passion und ihren Beruf in der Kunst gefunden. In Wesel, der Heimatstadt ihres Vaters, lebte sie von 1917 bis 1928 im Haus Rohleerstraße 11. Hier verbrachte sie ihre Kindheit. 1928 zogen ten Haeff, ihre Mutter und ihre Schwester von Wesel nach Berlin, Von 1933 bis 1940 studierte sie dort Musik und Gesang. Dort lernte sie ihren ersten Mann Lutero Vargas, den Sohn des brasilianischen Präsidenten Getúlio Vargas, kennen und lieben. Wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges musste Vargas nach Brasilien zurückkehren. Ten Haeff begleitete ihn nach Rio de Janeiro, wo das junge Paar sich vermählte. 1944 trennten sich ten Haeff und Vargas. Sie zog es nach New York und widmete sich voll und ganz ihrer Kunst. 1948 heiratete sie den Architekten Paul Wiener und wurde Us-bürgerin. 1969 ehelichte ten Haeff den Slawisten John Githens. Ausgedehnte Reisen führten sie in den 70er und 80er Jahren nach Mittelamerika, Japan, Burma, Indonesien, Thailand und Korea.
Ten Haeff führte ein aufregendes und schillerndes Leben. Sie ist bis heute als Künstlerin und Kosmopolitin auf der ganzen Welt bekannt. 2006 präsentierte die Galerie im Centrum Werke von ihr. Zur Eröffnung kam ten Haeff nach Wesel.
Ein in Dortmund wohnender Vetter von Ingeborg ten Haeff hatte die Verbindung zu Bürgermeisterin Ulrike Westkamp geknüpft. Von da an liefen Gespräche per Telefon oder E-mails zwischen Wesel, Dortmund und New York. Ein dort herausgekommener Bildband über die Künstlerin und ihr Schaffen lag bald im Rathaus vor. Der damalige Dezernent Wolfgang Jung, Jürgen Becks (Kulturamt) und Mitglieder des Kulturausschusses waren sich sofort sicher: Diese Frau schuf außerordentlich hochrangige Werke der modernen Kunst. Diethelm Röhnisch vom Niederrheinischen Kunstverein und Susanne Röper-kuhn von der Gedok bestätigten das. Das Ölbild „Orpheus and Euridice“(1964) etwa zeigt konzentriert die Macht des Todes und der Musik. „Der Einzelne“, „Silence“, zum Beispiel künden mit strengen Linien und starken Hell-dunkel-kontrasten von der Erfahrung der seelischen Einsamkeit. Eine Serie janusköpfiger Figuren erzählt von der Widersprüchlichkeit, die in jedem Menschen angelegt ist. Ein Selbstporträt zeigt nur Augen und Stirn: die Werkzeuge ihres künstlerischen Intellekts.
Die Malerin besuchte Wesel 2005 mit ihrem dritten Mann John Githens. Im Februar 2006 wurde im Centrum ihre Ausstellung von 30 Gemälden und 20 Zeichnungen eröffnet. Davon blieben sechs Arbeiten in Wesel. Am 21. Mai 2011 – heute vor zehn Jahren – starb Ingeborg ten Haeff in New York.
Wer mehr über sie erfahren möchte, kann auf der Internetseite der Stadt unter „Berühmte Weselerin“einiges nachlesen. Ten Haeff ist eine von 33 Frauen, nach denen in Wesel eine Straße benannt wurde.