Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Öffnungsfreude schlägt mieses Wetter
An Pfingsten gab es erste Open-air-konzerte, Freibadbesuche und gemeinsames Biertrinken trotz des grauen Himmels.
DÜSSELDORF Regen, Wind und die niedrigen Temperaturen konnten die Freude über die Lockerungen in der Gastronomie und anderen Bereichen an Pfingsten nicht trüben. Vielerorts tranken Menschen unter Regenschirmen ihr erstes Bier in der Kneipe seit Monaten, auch einige Freibäder machten auf. In Moers feierten Künstler und Publikum gemeinsam sogar erste Open-air-konzerte. In Düsseldorf jedoch missachteten viele Menschen beim Feiern die Corona-regeln. Dort räumten Polizei und Ordnungsamt in der Nacht zu Samstag in der Altstadt eine Straße.
In gut der Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte des Landes war die Öffnung der Außengastronomie an Pfingsten möglich, weil die Sieben-tage-inzidenz an fünf Werktagen unter der Marke von 100 lag. Geimpfte, Genesene und Menschen mit aktuellem negativen Corona-test konnten nicht nur Restaurants, sondern auch Hotels, Campingplätze und Freibäder unter Auflagen besuchen. Konzerte unter freiem Himmel sind für bis zu 500 Besucher erlaubt.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW kritisierte die Entzerrung der Innen- und Außengastronomie – eine gleichzeitige Öffnung wäre aus Sicht des Verbands zielführender gewesen. „Die Außengastronomie reicht rein wirtschaftlich selbst bei gutem Wetter nur selten“, sagte Sprecher Thorsten Hellwig. Die Möglichkeit einer Öffnung haben deswegen bei weitem nicht alle Gastronomen genutzt, für die es möglich gewesen wäre. Etwa 30 bis 40 Prozent hätten davon Gebrauch gemacht, schätzte Hellwig. „Gastronomen und Hoteliers sind ‚Überzeugungstäter’, die ihr Geschäft aus Leidenschaft betreiben. Für viele war das wichtiger als der Umsatz.“
Die geöffneten Kneipen und Restaurants hatten trotz des Wetters meist zahlreiche Gäste. „Wir waren sehr schnell für den ersten Tag ausgebucht, mussten aufgrund der zahlreichen Reservierungen vielen nachfragenden Anrufern absagen“, sagte Matjaz Ackun, Inhaber des Café-restaurants „Rausmühle“in Wermelskirchen. Nach dem langen Lockdown war der Start für Ackun und seine Mitarbeiter auch ein ungewöhnliches Erlebnis. Es habe sich angefühlt wie „Lampenfieber vor einem Auftritt“, sagte Ackun. Es überwog für den Wirt der Optimismus für die kommenden Wochen. „Schlechter als geschlossen geht ja nicht.“
In Düsseldorf wurde es allerdings zu voll. Bürgermeister Stephan Keller (CDU) sprach von einer „explosiven Lage“. Besucher in der Altstadt und am Rhein hätten immer wieder auf die Maskenpflicht und den Mindestabstand hingewiesen werden müssen. Einige Terrassen in der Gastronomie entsprachen nicht den Vorgaben. Nach 22 Uhr sei die Stimmung unter den Besuchern zunehmend uneinsichtiger und aggressiver geworden. „Hier sind wir dringend auf die Unterstützung der Polizei angewiesen“, sagte Keller. In anderen Städten hat es offenbar keine vergleichbaren Situationen gegeben. „Uns sind Stand Montagnachmittag keine besonderen Vorkommnisse für das Pfingstwochenende im Zusammenhang mit der Öffnung der Außengastronomie bekannt“, sagte ein Sprecher.
In Moers gab es seit Freitagabend bis Pfingstmontag parallel zu den Livestreams des Moers-festivals an vier Abenden Open-air-konzerte – ein kleiner Trost zum 50. Jubiläum des Festivals. In einem eingezäunten Areal des Freizeitparks gab es für die Konzertbesucher einen ersten Hauch der Normalität. Auch wenn die Einlasskontrollen eher an einen Flughafen erinnerten als an eine Konzerthalle, und jeder Besucher mit Maske in einem mit Kreide auf dem Boden gezogenen Kreis bleiben musste.
Schon am Samstag eröffneten 60 Schwimmer amvolksbad in Mönchengladbach bei zwölf Grad und Regen die Freibadsaison. Geöffnet waren Sportbecken und Sprungbereich, gesperrt hingegen die Liegewiese. Die ersten Schwimmer waren aber ohnehin nicht zum Verweilen gekommen. „Ich war gestern noch in einem See mit Neoprenanzug“, sagte Nico Karins. Ab jetzt kann er wieder im Becken seinen Trainingsrückstand aufholen. „Heute ist lockeres Schwimmen angesagt. Montag geht es dann wieder los.“
Die ersten Öffnungen sind für Dehoga-sprecher Hellwig ein Hoffnungsschimmer für den Sommer-tourismus. „Auch wenn NRW kein klassisches touristisches Ziel ist wie die Nordsee oder die Berge in Bayern, hat das Land etwa beim Fahrrad- und Städtetourismus sehr viel zu bieten.“