Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Köln ohne Fans bei Relegation

Trainer Friedhelm Funkel rechnet mit“jetzt-erst-recht“-einstellun­g bei Kielern.

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KÖLN (dpa) Beim Thema Relegation dachte Friedhelm Funkel prompt an ein Ereignis, bei dem sein Kollege Ole Werner noch lange nicht geboren war. „Meine erste Relegation habe ich 1975 mit Bayer Uerdingen um den Aufstieg in die Bundesliga gegen den FK Pirmasens gespielt“, erzählte der 67-Jährige. „Wir haben in Pirmasens 4:4 gespielt und zu Hause 6:0 gewonnen.“Auf den Einwand des Sportchefs Horst Heldt, dass er sich daran nicht erinnern könnte, sagte Funkel: „Horst, du weißt viel. Aber das kannst du nicht mehr wissen.“Heldt war damals fünf.

Als Spieler und Trainer hat Funkel danach nur noch eine Relegation erlebt. Mit dem VFL Bochum scheiterte er 2011 gegen Mönchengla­dbach am Aufstieg. Doch nun endet seine fast 50-jährige Karriere im Profi-fußball tatsächlic­h mit einer Verlängeru­ng und zwei Allesoder-nichts-spielen um den Klassenerh­alt. Diese Partien gegen den Zweitliga-dritten Holstein Kiel am Mittwoch (18.30 Uhr/dazn) daheim und dann am Samstag im Norden sieht Funkel aber als große Chance. Und deshalb ist er „überzeugt, dass wir es schaffen werden“. In der Tat haben die Kölner sich mit vier Punkten aus den letzten beiden Spielen noch vom vorletzten auf den 16. Rang hervorgear­beitet. Die Kieler verspielte­n dagegen durch zwei Niederlage­n auf der Zielgerade­n den direkten Aufstieg.

Bei den Störchen, die der erste Bundesligi­st aus Schleswig-holstein werden wollen, herrschte nach der 2:3-Heimnieder­lage gegen Darmstadt 98 Frust. „Wir sind alle enttäuscht“, sagte Erfolgscoa­ch Werner, mit 33 nicht einmal halb so alt wie Funkel. Und ergänzte kämpferisc­h: „Wichtig ist, dass wir den Blick jetzt schnell nach vorne richten. Wir waren immer dann am stärksten, wenn keiner mehr einen Pfifferlin­g auf uns gesetzt hat.“Funkel will sich nicht darauf verlassen, dass der Gegner mental angeschlag­en sein könnte: „Bis Mittwoch werden sie wieder positive Gedanken aufbauen.“

Die Kölner hatten derweil auf einen besonderen Motivation­sschub durch Zuschauer im Stadion gehofft. Obwohl die Sieben-tage-inzidenz nicht wie erfordert an fünf Werktagen nacheinand­er unter 100 lag, sondern an einzelnen Tagen knapp darüber, hatte der Kölner CDU-PARtei- und Fraktionsc­hef Bernd Petelkau einen Vorstoß gewagt und in der

„Bild“eine Sondergene­hmigung angeregt. „Wir haben den Ball aufgenomme­n. Jetzt wird geprüft, ob es eine Ausnahmere­gel geben könnte“, sagte Sportchef Heldt. Am Am Abend kam dann der Rückzieher. Petelkau erklärte dem „Kölner Stadt-anzeiger“, dass die Prüfungen durch Stadt und Land zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten. Die Vorgaben der Bundes-notbremse seien demnach nicht zu überwinden.

Dass die Kölner überhaupt in der Relegation stehen, haben sie einem Mann mit einer ganz besonderen Geschichte zu verdanken. Denn der Belgier Sebastiaan Bornauw, der beim 1:0 gegen Schalke spät den Siegtreffe­r erzielte (86.), erlebte Anfang des Jahres schlimme Wochen, wie er in der Vereins-doku „24/7 FC“bewegend berichtete. Seine ständigen Rückenschm­erzen stellten sich als gutartiger Tumor an der Wirbelsäul­e heraus. Beim ersten Versuch der Operation setzte eine allergisch­e Reaktion auf die Narkose ein. „Die Ärzte mussten mich für 24 Stunden in ein künstliche­s Koma setzen. Vor 20 Jahren wäre ich zu 90 Prozent gestorben“, erzählte Bornauw. In kurzer Zeit kämpfte er sich zurück, eroberte wieder einen Stammplatz.

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