Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Politiker wollen Finanzspritze für Steag
Heinz Wansing (CDU) und Jürgen Buchmann (SPD) plädieren dafür, den Energiekonzern erneut zu unterstützen. Das Duo gehörte dem Stadtrat bereits an, als die Übernahme der Steag durch sechs Stadtwerke beschlossen wurde.
DINSLAKEN (mt) Der Energiekonzern Steag, der Geld in die städtischen Kassen bringen sollte, ist ins Strudel geraten. Nun sollen die Eigentümer der Steag erneut frisches Geld liefern, damit die Umstrukturierung klappt und am Ende ein Käufer gefunden wird. Insgesamt werden 30 Millionen Euro benötigt. Für Dinslaken wären es 2,4 Millionen Euro. Denn mit Bochum und Oberhausen haben zwei der sechs Eigentümer eine weitere Finanzspritze für das Unternehmen, das zum Evonik-konzern gehörte, abgelehnt.
Wie konnte das Vorzeigeunternehmen, das 2011 von sechs Stadtwerken übernommen wurde, in Turbulenzen geraten? Jürgen Buchmann (SPD) und Heinz Wansing (CDU) gehörten dem Dinslakener Rat an, als die Entscheidung über die Übernahme der Steag getroffen wurde. Sie blicken zurück auf die Erwartungen, die mit dem Kauf der Anteile verbunden waren, und auf die heutige Situation.
Als der Erwerb der Steag durch sechs Stadtwerke eingefädelt wurde, herrschte Aufbruchsstimmung, die Übernahme vom Konzern Evonik, der sich von der Energiesparte trennte, wurde gefeiert. Kommunale Unternehmen bekamen Einfluss auf einen Energie-erzeuger. Und in den ersten Jahren funktionierte es. Das Geschäft der Steag wurde durch den verkündeten Ausstieg aus der Atomkraft befeuert. Auf Jahre sollte Kohle verheizt werden, um Strom und Wärme zu gewinnen. Und Rendite für die Kommunen bringen. Mit den Ausschüttungen der Steag sollten die Kredite, die für den Erwerb aufgenommen werden mussten, abbezahlt werden.
Essen, Dortmund und Duisburg, daneben noch Oberhausen und Bochum, in diesem Chor sollte Dinslaken mitsingen dürfen. Weil es Verbindungen zwischen der Steag und der Fernwärme Niederrhein gab, wie Jürgen Buchmann berichtet. Deshalb wurde der damalige Geschäftsführer der Stadtwerke Dinslaken gefragt, ob man nicht Anteile der Steag erwerben wollte. Er präsentierte das Angebot den entsprechenden Gremien. „Die Steag war ein gesundes Unternehmen und damals sprach niemand über den Ausstieg aus der Steinkohle“, sagt Jürgen Buchmann. Die Kohle habe eine starke Position gehabt. Hinzu kam, dass nach der Katastrophe von Fukushima der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen wurde. Deshalb stimmte man dem Geschäft zu, zunächst 51 Prozent zu erwerben.
Es habe keinen Druck von außen gegeben, den Steag-deal einzugehen, blickt Heinz Wansing zurück. Es sei ein normales Geschäft gewesen, die Risiken und die zu erwartenden Gewinne wurden geprüft, es sei ein ganz normaler Prozess gewesen. „Als ein Risikogeschäft wurde es nicht eingestuft.“Es habe den Beschluss gegeben, aus der Kernenergie auszusteigen, von einem Ausstieg aus der Kohle habe noch niemand gesprochen und die Steag sei gut in diesem Segment aufgestellt gewesen.
Und die Übernahme zahlte sich aus, wie Jürgen Buchmann berichtet. Im ersten Jahr habe es von der Steag mehr Geld als erwartet gegeben. Nach fünf Jahren sei man in der Lage gewesen, die restlichen 49 Prozent zu kaufen. Zunächst lief es mit der Steag wie geplant. Wenn die Energiewende nicht gekommen wäre, würde es heute noch so laufen, meint Heinz Wansing. Sie wurde aber eingeleitet. Und damit begannen die Probleme. Neben dem Kohleausstieg bis 2038 kamen falsche Weichenstellungen im Sektor der erneuerbaren Energien hinzu. Zudem heißt es in einem von der Unternehmensberatung Roland Berger erstellten Sanierungsgutachten, dass riskante Projekte zu hohen Abschreibungen geführt haben.
Die Steag als ein grünes Unternehmen schien die Lösung zu sein. Doch das funktioniert bislang nicht
richtig. Deshalb wollen alle sechs Anteilseigner die Steag verkaufen und haben dafür die Rag-stiftung ins Boot geholt. Es müssen „gewisse Schulaufgaben“gemacht werden und um die Finanzierung zu sichern, ist es notwendig 30 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, so Jürgen Buchmann.
Jetzt die Steag nicht zu unterstützen, wäre das falsche Signal. Zumal die 2,4 Millionen Euro für Dinslaken, für die Stadtwerke ein vertretbares Investment seien. Und Standpunkt der SPD sei es, dass es der absolut letzte Betrag sei, der der Steag überwiesen werde, so Jürgen Buchmann. Und man wolle sich von der Steag trennen, aber nicht um jeden Preis. Und man müsse auch die Mitarbeiter im Blick haben, auch für sie trage man Verantwortung. Auch Heinz Wansing meint, es sei vernünftig, dass nun die Rag-stiftung involviert sei. Sie könne mit einer Stimme verhandeln. Jeder der sechs Konsorten habe spezielle Interessen, so Wansing und verweist darauf, dass ein solche Konstellation Verhandlungen nicht einfacher machen.
Die 2,4 Millionen Euro, die nun notwendig sind, seien nach der Abwägung von Risiken und Chancen eine „sehr vernünftige Entscheidung für Dinslaken“, ist sich Wansing sicher. Denn am Ende soll durch den Verkauf diese Summe und noch ein bisschen mehr reingeholt werden. Wenn es gelingt, die Steag „grün zu machen“, wenn dieser Prozess gelinge, so Wansing, werde die Steag marktfähig, würde man den Konzern zu einem guten Preis verkaufen können. Verkauft werden soll das Unternehmen bis Ende 2024.