Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Schlingerkurs der Stiko erschwert den Kampf
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat eine undankbare Aufgabe: Sie ist Verwalter des Mangels, mit ihrer Priorisierung legt sie die Basis für die Verteilung des Impfstoffs. Zugleich muss sie Nutzen und Risiken abwägen, was bei neuen Vakzinen nicht trivial ist. Doch es ist zu fürchten, dass die Stiko das Kind mit dem Bade der Vorsicht ausschüttet. Sie sträubt sich gegen eine allgemeine Empfehlung und will die Impfung nur für vorerkrankte Kinder anraten. Das ist nicht überzeugend. In den USA und Kanada ist der Biontech-impfstoff für Kinder ab zwölf bereits zugelassen. Falls auch die Europäische Arzneiagentur Ema grünes Licht gibt, sind Vorbehalte nicht zu verstehen. Die Gremien haben die gleichen Daten. Gewiss: Ärzte können sich über den Stiko-rat hinwegsetzen, da hat Gesundheitsminister Jens Spahn recht. Gibt es eine Ema-zulassung, ist es allein Sache des Arztes und der Eltern, ob ein Kind geimpft wird. Doch wer Eltern überzeugen muss, tut sich leichter, wenn er Rücken- statt Gegenwind hat.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Stiko unglücklich agiert: Auch bei Schwangeren kann sie sich zu keiner klaren Ansage durchringen. Schaden richtete die Stiko zudem mit dem Schlingerkurs bei Astrazeneca an. Erst durfte der Impfstoff nur an Jüngere gehen, weil der Hersteller in Studien zu wenig Ältere berücksichtigt hatte. Nach vereinzelten Thrombosefällen wurde der Marschbefehl umgekehrt, die Stiko sprach sich für die Verimpfung nur an Ältere aus. Am Ende dürfen ihn auch Jüngere nach Beratung bekommen. Der Ruf ist ruiniert. Bei aller Wertschätzung für Gründlichkeit – mit Rat aus dem Elfenbeinturm kann man eine Pandemie nicht bekämpfen. Wie soll da vom Impfgipfel ein kraftvolles Signal für rasches Impfen von Kindern ausgehen? Dabei hätten genau das die Kinder verdient. Sie sind die größten Verlierer der Pandemie. BERICHT EXPERTEN LEHNEN IMPFEMPFEHLUNG..., WIRTSCHAFT