Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wenn Küchenpiraten Spiegeleier braten
Fausto Rodriguez kocht gern. Vor fünf Jahren gründete der Dinslakener auf Facebook eine Kochgruppe. Mittlerweile hat sie knapp 23.000 Mitglieder. Die kommen aus ganz Deutschland und aller Welt.
DINSLAKEN (aha) Ein Kochrezept, sollte man meinen, gibt wenig Anlass für Zank. Selbst in den Sozialen Medien. Tatsächlich aber kann ein einfaches Foto eines Gerichts in Kochgruppen auf Facebook zum Streit bis aufs Messer führen. Etwa wenn das Rezept dazu fehlt. Oder die Speise nicht zum Motto der Gruppe passt. Oder, oder, oder. Fausto Rodriguez aus Dinslaken kocht gerne. Und tauscht sich gerne aus. Die beißenden Kommentare in den üblichen Gruppen hatte er aber satt – und gründete vor fünf Jahren eine eigene Kochgruppe: Die „Küchenpiraten“haben mittlerweile fast 23.000 Mitglieder.
„Das ging ganz klein los. Aber plötzlich hatten wir ständig 100 Aufnahme-anfragen am Tag“Markus Speckamp alias Fausto Rodriguez Gründer der Küchenpiraten
Wer auf Facebook aktiv ist, wird unter den Küchenpiraten einige bekannte Gesichter aus Dinslaken und Umgebung entdecken. „Das ging ganz klein los“erinnert sich Fausto Rodriguez, der eigentlich Markus Speckamp heißt, aber von seinen Freunden seit 20 Jahren Fausto genannt wird.
Wer eine Gruppe gründet, lädt eben zuerst die eigenen Facebook-freunde ein. Aber seit dem Corona-herbst 2020 ist die Gruppe explodiert. „Plötzlich hatten wir ständig 100 Aufnahme-anfragen am Tag“, erzählt der 49-Jährige. Die meisten Mitglieder kommen aus Berlin und Wien, Hamburg, Köln, Duisburg und München, aber auch aus dem Ausland wie den USA, Luxemburg, Belgien, Bulgarien, Rumänien – und eben Dinslaken. Mit Doku-star Bert Wollersheim ist sogar ein Prominenter unter der Küchenpiraten.
Vielleicht liegt es am prägnanten Namen? „Ich wollte einen Namen, den man sich gut merken kann und der nicht Sternekoch-mäßig, sondern nach einer Gruppe für Jedermann klingt“, erklärt Fausto Rodriguez. Was nicht ausschließt, dass in der Gruppe auch hohe Kochkunst gepostet wird.
Flan Royal mit Onsen-ei, Spinat und Trüffelcreme ist genauso willkommen wie Bratkartoffeln mit Spiegelei – von der Dinslakener Autorin Larissa Schwarz mit ein wenig Humor als Beilage gepostet: „Und meine Omma höre ich aus Duisburg schreien: ‘Lissken, datt is do kein Sonntachs-essen!’“Der darauf folgende Austausch, ob sonntags Fleisch auf den Tisch gehört, kommt ohne gepfefferte Kommentare aus. Zank gebe es „nur selten“, erzählt der Administrator, der morgens und abends die Kommentare in der Gruppe checkt.
Der kaufmännische Angestellte findet Kochen entspannend. Seine
Küche ist minimalistisch – „Teig knete ich zum Beispiel mit der Hand.“Am liebsten mag er Hausmannskost – Rinderrouladen etwa. „Ich probiere aber gerne andere Sachen aus“, sagte er. Der „orientalische Eintopf“(Rezept unten) hat es zu seinen Lieblingsgerichten geschafft. Der Pulpo, dessen verlockendes Bild er jüngst bei den Küchenpiraten gepostet hat, „war sowas von zäh“, erinnert er sich lachend.
Man hätte den Oktopus vorkochen müssen, weiß er heute. Wenn er Gerichte fotografiert, stellt er sie vorher einfach auf ein schwarzes Tuch: „Es gibt aber auch Leute in der Gruppe, die das richtig professionell machen.“
Damit Struktur und Leben in die Gruppe kommen, gibt es hin und wieder Koch-challenges, bei denen aus drei von fünf vorgegebenen Zutaten ein Gericht gezaubert werden muss. Und einmal im Monat veranstalten die Küchenpiraten eine Mottowoche.
Anfang Mai gab es die „asiatische Woche“, zuvor etwa „Frühlingsgerichte“, die „Low Carb“- oder die „Low Budget“-woche. Manchmal darf es für Fausto Rodriguez aber auch einfach nur eine Dose Ravioli sein. Das müssen Sie in einer anderen Kochgruppe mal posten!