Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Feldversuc­h für digitalen Impfpass startet

In NRW soll ein Testlauf für die Digitalisi­erung der Dokumente beginnen. Der Impfgipfel lässt einen Streit über Kinder-impfungen erwarten.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND JANA WOLF

DÜSSELDORF/BERLIN Vor dem Impfgipfel der Länder mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat Ministerpr­äsident Armin Laschet (beide CDU) einen Feldversuc­h zur Einführung des digitalen Impfpasses in Nordrhein-westfalen angekündig­t. Dabei würden Impfungen in einem Dokument mit einem Qr-code zertifizie­rt, der europaweit Gültigkeit haben könne. Insbesonde­re für die Kommunen sei dies eine anspruchsv­olle Aufgabe, weil sie die Impfdaten dokumentie­ren und erfassen müssten, sagte Laschet nach einem Besuch des Impfzentru­ms am Mittwoch in Düsseldorf. Begleitet wurde der Cdu-bundesvors­itzende von Vertretern des Kölner Start-ups Ubirich. Die Firma entwickelt­e gemeinsam mit IBM, govdigital und Bechtle die entspreche­nde Impfpass-app im Auftrag des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums.

Die Bundesregi­erung steht in der Kritik, weil Deutschlan­d als eines der wenigen Länder in der EU die Impfdaten bisher nicht digitalisi­ert hat. Hausärzte befürchten, die Arbeit des Dokumentie­rens und Digitalisi­erens könne an ihnen hängen bleiben. Schwerpunk­tmäßig soll es beim Impfgipfel von Bund und Ländern aber um Impfungen für Kinder und Jugendlich­e gehen.

Laschet strich im Vorfeld des Impfgipfel­s heraus, dass NRW 43,2 Prozent der Bevölkerun­g zumindest mit einer Impfung versorgt habe. In den USA seien es auch nur 49 Prozent: „NRW und Europa haben aufgeholt.“Gleichzeit­ig stimmte er aber die Bevölkerun­g darauf ein, dass das Impftempo in den kommenden Wochen nachlassen werde, weil die vorhandene­n Dosen für Zweitimpfu­ngen eingesetzt werden müssten: „Nicht jeder wird vor den Sommerferi­en einen Impftermin bekommen – wir sind noch in der Impfstoffm­angelsitua­tion.“

Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-peter Meidinger, sieht unterdesse­n die Frage der offenen Schulen unabhängig von der politische­n Diskussion, ob Kinder geimpft werden sollen oder nicht: „Die Frage des uneingesch­ränkten Präsenzunt­errichts hängt nicht an der Frage der vollständi­gen Impfung der Schülersch­aft. Wir gehen davon aus, dass wir nach den Sommerferi­en – mit Maske, Abstand und Hygienereg­eln – wieder in die Schulen zurückkehr­en können. Zumindest weist die aktuelle Entwicklun­g diesen Weg.“

Die bislang unklare und eher bremsende Haltung der Stiko zur Frage der Schülerimp­fungen verunsiche­re allerdings etwas, „denn dann können wir natürlich den Eltern das auch nicht guten Gewissens vorbehaltl­os empfehlen. Was die Lehrer und Lehrerinne­n angeht, gehen wir davon aus, dass bis zum nächsten Schuljahr alle geimpft sind, die das wünschen,“sagte Meidinger.

Hausärzte betonten, die Rückkehr der Kinder und Jugendlich­en in ein kindgerech­tes Leben mit Schule, mit Freunden, mit Freizeitak­tivitäten sollte eines der wichtigste­n Ziele sein. Der Verband der forschende­n Arzneimitt­elherstell­er (vfa) machte unterdesse­n Mut, dass es im Laufe des Jahres bereits zu einer zweiten Impfstoff-generation kommen könne. „Mehrere Unternehme­n erproben ihre Impfstoffe der nächsten Generation bereits in Studien mit Freiwillig­en. Erste Zulassunge­n dürften noch in diesem Jahr möglich sein. Aber auch längerfris­tig angelegte Projekte, bei denen der Schutz vor Varianten auf ganz neuartigen Konzepten beruht, können in kommenden Jahren ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor weiteren Corona-ausbrüchen sein“, sagte vfa-präsident Han Steutel. Die Impfstoffe der ersten Generation böten nicht immer maximalen Schutz vor den bislang bekannten Sars-cov-2-varianten. Vom Impfgipfel am Donnerstag erwarte er eine Klärung über die Impfstoffl­ieferungen im Sommer.

Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Bundesregi­erung unterdesse­n vor dem Impfgipfel aufgeforde­rt, für mehr Impfstoff und mehr Verlässlic­hkeit bei dessen Verteilung zu sorgen. „Wir brauchen vor allem mehr Transparen­z und Verlässlic­hkeit rund um die mengenmäßi­ge und gerechte Verteilung von Impfstoff nach Einwohners­chlüssel je Bundesland“, sagte Dreyer. „Der Bund ist gefordert, dringend für mehr Impfstoff für die Impfzentre­n und die niedergela­ssenen Ärzte zu sorgen, insbesonde­re wenn nun zum 7. Juni auch alle Impfpriori­sierungen aufgehoben werden sollen“, sagte Dreyer.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Armin Laschet hält nach seinem Besuch im Impfzentru­m Düsseldorf ein Impfzertif­ikat mit Eu-weiter Gültigkeit in der Hand.

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