Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Feldversuch für digitalen Impfpass startet
In NRW soll ein Testlauf für die Digitalisierung der Dokumente beginnen. Der Impfgipfel lässt einen Streit über Kinder-impfungen erwarten.
DÜSSELDORF/BERLIN Vor dem Impfgipfel der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU) einen Feldversuch zur Einführung des digitalen Impfpasses in Nordrhein-westfalen angekündigt. Dabei würden Impfungen in einem Dokument mit einem Qr-code zertifiziert, der europaweit Gültigkeit haben könne. Insbesondere für die Kommunen sei dies eine anspruchsvolle Aufgabe, weil sie die Impfdaten dokumentieren und erfassen müssten, sagte Laschet nach einem Besuch des Impfzentrums am Mittwoch in Düsseldorf. Begleitet wurde der Cdu-bundesvorsitzende von Vertretern des Kölner Start-ups Ubirich. Die Firma entwickelte gemeinsam mit IBM, govdigital und Bechtle die entsprechende Impfpass-app im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums.
Die Bundesregierung steht in der Kritik, weil Deutschland als eines der wenigen Länder in der EU die Impfdaten bisher nicht digitalisiert hat. Hausärzte befürchten, die Arbeit des Dokumentierens und Digitalisierens könne an ihnen hängen bleiben. Schwerpunktmäßig soll es beim Impfgipfel von Bund und Ländern aber um Impfungen für Kinder und Jugendliche gehen.
Laschet strich im Vorfeld des Impfgipfels heraus, dass NRW 43,2 Prozent der Bevölkerung zumindest mit einer Impfung versorgt habe. In den USA seien es auch nur 49 Prozent: „NRW und Europa haben aufgeholt.“Gleichzeitig stimmte er aber die Bevölkerung darauf ein, dass das Impftempo in den kommenden Wochen nachlassen werde, weil die vorhandenen Dosen für Zweitimpfungen eingesetzt werden müssten: „Nicht jeder wird vor den Sommerferien einen Impftermin bekommen – wir sind noch in der Impfstoffmangelsituation.“
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-peter Meidinger, sieht unterdessen die Frage der offenen Schulen unabhängig von der politischen Diskussion, ob Kinder geimpft werden sollen oder nicht: „Die Frage des uneingeschränkten Präsenzunterrichts hängt nicht an der Frage der vollständigen Impfung der Schülerschaft. Wir gehen davon aus, dass wir nach den Sommerferien – mit Maske, Abstand und Hygieneregeln – wieder in die Schulen zurückkehren können. Zumindest weist die aktuelle Entwicklung diesen Weg.“
Die bislang unklare und eher bremsende Haltung der Stiko zur Frage der Schülerimpfungen verunsichere allerdings etwas, „denn dann können wir natürlich den Eltern das auch nicht guten Gewissens vorbehaltlos empfehlen. Was die Lehrer und Lehrerinnen angeht, gehen wir davon aus, dass bis zum nächsten Schuljahr alle geimpft sind, die das wünschen,“sagte Meidinger.
Hausärzte betonten, die Rückkehr der Kinder und Jugendlichen in ein kindgerechtes Leben mit Schule, mit Freunden, mit Freizeitaktivitäten sollte eines der wichtigsten Ziele sein. Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) machte unterdessen Mut, dass es im Laufe des Jahres bereits zu einer zweiten Impfstoff-generation kommen könne. „Mehrere Unternehmen erproben ihre Impfstoffe der nächsten Generation bereits in Studien mit Freiwilligen. Erste Zulassungen dürften noch in diesem Jahr möglich sein. Aber auch längerfristig angelegte Projekte, bei denen der Schutz vor Varianten auf ganz neuartigen Konzepten beruht, können in kommenden Jahren ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor weiteren Corona-ausbrüchen sein“, sagte vfa-präsident Han Steutel. Die Impfstoffe der ersten Generation böten nicht immer maximalen Schutz vor den bislang bekannten Sars-cov-2-varianten. Vom Impfgipfel am Donnerstag erwarte er eine Klärung über die Impfstofflieferungen im Sommer.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Bundesregierung unterdessen vor dem Impfgipfel aufgefordert, für mehr Impfstoff und mehr Verlässlichkeit bei dessen Verteilung zu sorgen. „Wir brauchen vor allem mehr Transparenz und Verlässlichkeit rund um die mengenmäßige und gerechte Verteilung von Impfstoff nach Einwohnerschlüssel je Bundesland“, sagte Dreyer. „Der Bund ist gefordert, dringend für mehr Impfstoff für die Impfzentren und die niedergelassenen Ärzte zu sorgen, insbesondere wenn nun zum 7. Juni auch alle Impfpriorisierungen aufgehoben werden sollen“, sagte Dreyer.