Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die neue Generation Metzger
Fleisch-sommelier Christian Holz eröffnet am 1. Juni eine Event-metzgerei in Sonsbeck. An der Dresdener Straße 6 soll es nicht nur regionale sowie globale Spezialitäten an der Theke geben, sondern auch Grillabende und Workshops.
SONSBECK Hackbeil und Filetiermesser hat Christian Holz aus der Hand gegeben und gegen Bohrmaschine und Akkuschrauber eingetauscht. Statt mit scharfer Klinge Knochen auszulösen, jagt er an derdresdener Straße 6 in Sonsbeck eine Schraube nach der anderen in die Wand. Statt saftige Steaks auf heißer Flamme zu grillen, schmeißt der Fleisch-sommelier derzeit eher den Schweißbrenner an. Doch keine Sorge, der Grillmeister hat seine Passion, Sonsbeck und Umgebung mit köstlichen Fleischspezialitäten zu versorgen, nicht aufgegeben. Im Gegenteil. Er baut seinen Traum gerade aus. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Christian Holz ist mit dem Innenausbau seiner eigenen Metzgerei beschäftigt. Am Dienstag, 1. Juni, will er seinen Betrieb, in dem es auch Event-grillabende und Mitmach-kochangebote geben soll, eröffnen.
„Ich möchte den Spagat zwischen lokalen und globalen Produkten schaffen“Christian Holz Fleisch-sommelier
Die Idee der Erlebnisgastronomie ist gut gereift. Dry aged, wie es der Steakliebhaber ausdrücken würde. „Seit drei Jahren plane ich diese Metzgerei bereits“, sagt Holz. „Nachdem meine Eltern vor gut acht Jahren ihre Filiale geschlossen haben und damit die letzte Metzgerei aus Sonsbecks Ortskern verschwand, macht es mich froh, jetzt wieder dieses Angebot für die Bürger zu schaffen.“Donnerstags bis samstags soll es den Außer-haus-verkauf an der Theke geben. Angeboten wird Fleisch aus nachhaltiger und vorwiegend regionaler Landwirtschaft.
Die Rinder kommen von der Familie Reinders aus Sonsbeck. Die Schweine stammen beispielsweise vom Archehof Gamerschlagshof in Xanten, das Geflügel aus alternativer und Freilandhaltung. „Ich verwende gerne alte, langsam wachsende Nutztierrassen“, sagt Holz, die dem Grillmeister zufolge aussterben würden, wenn es dafür keine Nachfrage gebe. „Ich möchte den Menschen mit meinen Angeboten den bewussten Fleischkonsum ein Stück weit näherbringen, denn maßvoller Konsum von qualitativ hochwertigem Fleisch ist auch Artenschutz“, erklärt Holz.
Nicht zuletzt deshalb kooperiert der Sonsbecker Fleisch-sommelier auch mit dem deutschen Unternehmen Büffel Bill, das sich auf Büffelfleisch aus Italien spezialisiert hat. „Lange Zeit wurden dort die männlichen Jungtiere gleich nach der Geburt getötet, weil sie keine Milch für die Produktion von Büffel-mozzarella geben“, erklärt Holz. „Durch die Verwendung ihres Fleisches erhalten die Brudertiere eine Lebensberechtigung – und wir eine weitere Delikatesse.“
In Zusammenarbeit mit weiteren Kollegen soll es zudem mal schwäbische Spezialitäten in der Theke geben oder ein Stück japanisches Wagyu-rind, dessen Fleisch durch seinen hohen Marmorierungsgrad als besonders zart und aromatisch gilt. „Ich möchte den Spagat zwischen lokalen und globalen Produkten schaffen“, sagt Holz, der sich als Metzger einer neuen Generation versteht und seinen Kunden an der zweieinhalb Meter langen Verkaufstheke mit Fensterblick in einen Show-kühlraum mitunter
Neues und Außergewöhnliches anbieten möchte. Dips und Grillsaucen inklusive.
Also alles ein bisschen Schickimicki in der neuen Metzgerei Sonsbecks? Holz schüttelt energisch den Kopf: „Auf gar keinen Fall!“, betont der Fleisch-sommelier. Der 28-Jährige mag es lieber rustikal und reduziert. So soll statt eines ausgeklügelten Restaurant-namens in leuchtenden Lettern lediglich eine riesige, rote Beton-6 im Vorbeet prangen. Der 55 Quadratmeter große, barrierefreie Gastraum ist über und über mit naturbelassenen Eichenbohlen verkleidet – Holz:
„Mein Name ist Programm“–, die der Grillmeister bis in die späten Abendstunden eigenhändig an die Wand gebracht hat. Und auch die Gäste sollen sich bei den geplanten Event-grillabenden nicht einfach zurücklehnen und bedienen lassen. Sie sollen an der langen Holztafel mit mobilem Kochfeld selbst mit anpacken und so den Umgang mit den hochwertigen Produkten kennenlernen.
Holz schweben beispielsweise Burger-challenges vor, bei denen die Teilnehmer mit ausgewählten Waren eigene Mini-burger kreieren können. Er möchte auch Grill-seminare mit vier bis fünf Gänge-menüs zu verschiedenen Themen wie American Barbecue, Wild oder Fisch anbieten. Zusammen mit seinem Bruder und Bäckermeister Fabian Holz will der Fleisch-sommelier zudem zu neapolitanischen Pizza-abenden einladen. Und bei Querverkostungen sollen die Gäste entdecken können, wie sich Fütterung, Haltung, Rinderrasse und Reifung auf den Steak-geschmack auswirken.
Bis zu 20 Personen haben bei den Events im Gastraum Platz, die regelmäßig abends und am Wochenende stattfinden sollen, sobald es die Pandemie wieder zulässt. Weitere 20 bis 25 Gäste können es sich an Sommerabenden im Außenbereich gemütlich machen. „Ich mag es lieber klein und heimelig, will keine Massenabfertigung“, sagt Holz. Er hält es dabei wie beim Fleischkonsum: Weniger ist mehr, aber dafür richtig.