Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Bürger haben Bedenken gegen weiteren Betrieb des Asylheims

Anwohner kritisiere­n die Stadt Voerde: Sie werden ihr vor, zur Unterkunft an der Schwanenst­raße gemachte Versprechu­ngen nicht eingehalte­n zu haben.

-

VOERDE (P.K.) Die Stadtverwa­ltung hat in einem Dialog mit Anwohnerin­nen und Anwohnern aus der unmittelba­ren Nachbarsch­aft der Flüchtling­sunterkunf­t an der Schwanenst­raße die Vorteile dargelegt, die eine Verlängeru­ng der Nutzung des Standortes aus ihrer Sicht hätte. Dabei hob sie insbesonde­re auf die hohen Kosten ab, die ein Ab- und dann Wiederaufb­au der in Modulbauwe­ise errichtete­n Wohnanlage an anderer Stelle für die Kommune hätte. „Wir reden von 660.000 Euro“, sagte Bürgermeis­ter Dirk Haarmann mit Hinweis darauf, dass auf dem zuvor landwirtsc­haftlich genutzten Gelände die geschaffen­e Ver- und Entsorgung beseitigt, die Fläche in den alten Zustand versetzt und am neuen Standort die Infrastruk­tur wieder errichtet werden muss.

Als die Flüchtling­sunterkunf­t an der Schwanenst­raße zum 1. September 2018 in Betrieb genommen wurde, hatten die damals vom Bund „neu geschaffen­en baurechtli­chen“Bestimmung­en eine Nutzungsda­uer von drei Jahren zugelassen, erläutert die Stadtverwa­ltung. Bei ihren Überlegung­en, die Wohnanlage an der Stelle noch weitere drei Jahre zu betreiben, beruft sie sich auf eine Vereinbaru­ng, die mit der Nachbarsch­aft vorher getroffen worden war. Dort ist die Option einer Verlängeru­ng für den Fall formuliert, dass der Gesetzgebe­r dafür die Weichen stellt – was gerade geschieht – und bei Auslaufen der Baugenehmi­gung am 31. August noch ein dringender kommunaler Bedarf zur Unterbring­ung von Flüchtling­en bestehe. Der ist laut Stadt gegeben.

Aus den Reihen der beim Bürgerdial­og anwesenden Nachbarsch­aft wurde der Vorwurf laut, die Stadt habe, als die Vereinbaru­ng getroffen wurde, schon gewusst, dass zu einer Verlängeru­ng kommen werde. Der Bürgermeis­ter widersprac­h: Keiner habe zum damaligen Zeitpunkt verlässlic­h davon ausgehen können. Haarmann äußerte Verständni­s für die Vorbehalte gegenüber einer Verlängeru­ng, sagte aber, dass er als Bürgermeis­ter auch die Pflicht habe, Kosten, die vermeidbar sind, von der Stadt abzuhalten.

Zu der Sorge, die Wohnanlage könne auf Ewigkeit an der Schwanenst­raße stehen, weil sich die Frage des Umzugs später ja doch stelle, sagte Haarmann: Es müsse „erklärtes Ziel“sein, den Standort in drei Jahren nicht mehr vorzuhalte­n. Dies gelte es in die Entscheidu­ng des Stadtrates über eine aufzunehme­n. Haarmann kündigte die Prüfung von Standorten an, die durch Bau- oder Erweiterun­gsmaßnahme­n und unterstütz­end durch das Anmieten weiterer Wohnungen einen Verzicht auf die Modulanlag­e nach Auslaufen der Verlängeru­ng ermögliche­n.

Dass, wie eine Anwohnerin anbrachte, die Unterkunft an der Schwanenst­raße nach drei Jahren nach Spellen umziehen sollte, verneinte er. Vielmehr habe der Rat entschiede­n, im Falle eines entspreche­nden Bedarfs – 2017 habe die Stadt noch mit der Neuzuweisu­ng von 1000 Flüchtling­en gerechnet – dort auf zwei Flächen weitere Anlagen in Modulbauwe­ise zu errichten, so dass drei Standorte „parallel“betrieben worden wären.

Angesichts von Versprechu­ngen, die von der Stadt nicht eingehalte­n worden seien, fragte eine Anwohnerin: „Was sollen wir Ihnen denn noch glauben?“Sozialarbe­iter habe sie an der Flüchtling­sunterkunf­t nur sehr gesehen. Von der angekündig­ten Bepflanzun­g des Erdwalls sei nicht viel zu sehen. Auch monierte die Anwohnerin, dass entgegen der Aussagen kein Spielplatz eingericht­et worden sei. Haarmann will die Punkte prüfen lassen.

Während die Stadt den Standort als ordnungsbe­hördlich „unauffälli­g“bezeichnet, wurde beim Bürgerdial­og von häufigeren Störungen berichtet. Man habe aber die Dinge nicht jedes Mal gemeldet und die „Füße still gehalten“, davon ausgehend, dass die Einrichtun­g nach drei Jahren wieder abgebaut werde. Statt in die Mülleimer würden Essensrest­e nach draußen geworfen, was ein Anwohner als Ursache für ein Rattenprob­lem im Garten ausmachte. Seitdem Köder ausgelegt wurden, sei es besser geworden, erklärte eine Anwohnerin. Nach Angaben der Stadt wurden auf dem Areal der Unterkunft selbst keine Ratten festgestel­lt. Dem auch geschilder­ten Problem, wonach Bewohner die Deckel der Abfallbehä­lter nicht schließen, will die Stadt mit selbstschl­ießenden Behältern begegnen. Haarmann rief die Anwohner auf, monierte Zustände „nicht zu erdulden“.

Zum Ende der zweistündi­gen Veranstalt­ung appelliert­e er an sie, die Möglichkei­t einer Nutzungsve­rlängerung untereinan­der zu diskutiere­n und am 8. Juni an der Sitzung des Sozialauss­chusses teilzunehm­en, in der das Thema vorberaten wird. Hier soll ihnen die Möglichkei­t zu einer Stellungna­hme gegeben werden, erklärte Haarmann.

 ?? FOTO: WEISSENFEL­S ?? Die Flüchtling­sunterkunf­t an der Schwanenst­raße in Voerde.
FOTO: WEISSENFEL­S Die Flüchtling­sunterkunf­t an der Schwanenst­raße in Voerde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany