Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kinderlose sollen mehr zahlen – richtig so
Die Corona-krise hat viele Probleme überdeckt. Wer eine Pandemie bekämpfen muss, kann sich verständlicherweise nicht um die Reform der Pflegeversicherung kümmern. Doch nun, wo die Lage sich entspannt, brechen alte Konflikte wieder auf. Vor allem für die Pflegeversicherung muss eine Lösung gefunden werden. Mit der Alterung der Gesellschaft steigt die Zahl der Pflegefälle. Die Corona-krise zeigt zudem, dass das Land achtsamer mit seinen Pflegekräften umgehen und sie besser bezahlen muss. All das treibt die Kosten. Nun will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Pflegebeitrag für Kinderlose erhöhen. Schon jetzt müssen sie 0,25 Prozentpunkte mehr zahlen als Versicherte mit Kindern. Kritiker halten das nicht für fair, weil Familien bereits auf viele Art unterstützt werden und manches Paar auch keineswegs freiwillig kinderlos ist. Ein anderer Kritikpunkt an Spahn lautet, dass das Ganze systemwidrig sei: Die Finanzierung der Pflege sei das eine, Familienförderung das andere. Mit einer Maßnahme zwei Ziele zu verfolgen, ist selten gut. Stimmt.
Und doch hat Spahn recht: Denn bei der Sozialversicherung hängt beides eng miteinander zusammen. Der Generationenvertrag, auf dem die gesamte umlagefinanzierte Sozialversicherung fußt, funktioniert nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Im Arbeitsleben zahlen Arbeitnehmer ein, um im Alter und im Krankheits- oder Pflegefall versorgt zu sein. Zudem sorgen sie durch Nachkommen dafür, dass auch künftig Arbeitnehmer da sind, die diese Leistungen finanzieren. Kinderlose erfüllen nur einen Teil des Generationenvertrags. Daher ist es nur fair, wenn sie auch einen höheren Beitrag zahlen. Dass der erhöhte Kinderlosen-zuschlag die Pflegeversicherung nicht dauerhaft retten wird und eine grundlegende Reform kommen muss, steht dabei auf einem anderen Blatt. BERICHT KOALITION WILL TARIFBINDUNG FESTLEGEN, WIRTSCHAFT