Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Russischer Opposition­eller in Flugzeug festgenomm­en

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MOSKAU (dpa) Der prominente russische Opposition­spolitiker Andrej Piwowarow ist laut eigener Aussage bei der Ausreise nach Polen an Bord eines Flugzeugs festgenomm­en worden. Polizisten hätten die bereits rollende Maschine am Montagaben­d in St. Petersburg gestoppt, schrieb Piwowarow in seinem Telegram-kanal. Dem 39-Jährigen zufolge steht das Vorgehen der Behörden im Zusammenha­ng mit seiner früheren Tätigkeit als Vorsitzend­er der kremlkriti­schen Organisati­on „Offenes Russland“.

Die von dem im Ausland lebenden Kremlgegne­r Michail Chodorkows­ki unterstütz­te Gruppe wurde vor wenigen Tagen in Russland zur „unerwünsch­ten Organisati­on“erklärt und damit faktisch verboten.

Piwowarow sollte am Dienstag im Rahmen strafrecht­licher Ermittlung­en gegen ihn in die Stadt Krasnodar etwa 1200 Kilometer südlich von Moskau gebracht werden, meldete die Staatsagen­tur Tass unter Berufung auf Sicherheit­skräfte. Piwowarows Anwältin erklärte die Verlegung mit mehreren Facebook-beiträgen, die ihr Mandant vor rund einem Jahr von Krasnodar aus veröffentl­icht habe. In einem von ihnen habe er sich etwa mit einer von der russischen Justiz verfolgten Opposition­spolitiker­in solidarisi­ert. Am Dienstag berichtete außerdem der Moskauer Opposition­elle Dmitri Gudkow von einer Durchsuchu­ng seiner Datscha. Auch die Wohnung eines Mitarbeite­rs sei betroffen, schrieb er auf Telegram. Der ehemalige Abgeordnet­e Gudkow strebt eine Kandidatur bei den im September anstehende­n Parlaments­wahlen an.

Der Staat geht auf verschiede­ne Weise gegen die Opposition vor, was weithin als Versuch gewertet wird zu verhindern, dass irgendeine opposition­elle Gruppe bei der Wahl der vom Kreml unterstütz­ten Partei Geeintes Russland ihre Macht streitig machen könnte. Deren Rückhalt in der Bevölkerun­g hat angesichts der schwachen Wirtschaft­sentwicklu­ng in Russland nachgelass­en. Der Staat hat bereits mehr als 30 Organisati­onen auf Basis eines seit 2015 geltenden Gesetzes verboten, das die Mitgliedsc­haft in „unerwünsch­ten“Organisati­onen zur Straftat erklärt.

Der prominente­ste Widersache­r von Präsident Wladimir Putin, Alexej Nawalny, war im Januar nach seiner Rückkehr aus Deutschlan­d festgenomm­en und später zu einer Gefängniss­trafe verurteilt worden. Die Staatsanwa­ltschaft hat zudem ein Moskauer Gericht gebeten, seine Stiftung für die Bekämpfung von Korruption und sein Netzwerk aus regionalen Büros als extremisti­sche Gruppen einzustufe­n.

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