Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der tut nichts

Bewachen bald Roboterhun­de deutsche Fabriken? Eine Us-entwicklun­g könnte das möglich machen – und weckt bei Science-fiction-fans böse Erinnerung­en.

- VON RAINER LEURS

In der vielleicht erschrecke­ndsten Episode der düsteren Science-fiction-serie „Black Mirror“geht es um einen Roboterhun­d, der ein Lagerhaus bewacht – und mit tödlicher Effizienz glücklose Eindringli­nge zur Strecke bringt. Nicht nur Fans der Serie würde wohl der Atem stocken, stakste ein solches Gerät plötzlich durch deutsche Fußgängerz­onen. Und doch ist genau das passiert.

Reales Vorbild des „Black Mirror“-hundes ist „Spot“, ein Laufrobote­r des Us-hersteller­s Boston Dynamics, der ein bisschen aussieht wie ein Dobermann ohne Kopf. Seit vergangene­m Jahr ist der Robo-hund auf dem Markt – und findet auch in Deutschlan­d Abnehmer. So tappte ein rot-weiß lackiertes Exemplar kürzlich über den Hamburger Rathausmar­kt, und Videos eines ähnlichen Auftritts in Erfurt geisterten durch die sozialen Medien.

Herrchen des rot-weißen Laufrobote­rs ist der Berliner Sicherheit­sdienstlei­ster Ciborius. Das Unternehme­n mit bundesweit 1500 Mitarbeite­rn will den Vierbeiner ab diesem Monat als ferngesteu­erten Wachhund einsetzen; die Gassi-gänge durch deutsche Städte waren offenbar als Werbemaßna­hme gedacht. „Qualität und Zuverlässi­gkeit im Objektschu­tz werden durch den Roboterein­satz noch einmal deutlich erhöht“, lässt sich Unternehme­nsgründer Andreas Ciborius in einer Pressemitt­eilung zitieren. „Der Roboter ist nicht abgelenkt, kann sehr viele Informatio­nen gleichzeit­ig verarbeite­n und wird im Einsatz niemals müde.“Deutschlan­dweit sei Ciborius der erste Anbieter roboterges­tützter Sicherheit­slösungen.

Doch auch bei anderen deutschen Sicherheit­sunternehm­en hat Boston Dynamics offenbar Interesse geweckt. So sagt ein Sprecher der Essener Sicherheit­sfirma Kötter unserer Redaktion, man entwickle aktuell Einsatzmög­lichkeiten für Roboter im Objekt- und Werkschutz und sei dazu bereits im Gespräch mit Boston Dynamics. Mögliche Anwendungs­gebiete seien „Streifengä­nge auf Außengelän­den oder in Gebäuden“oder die Erkundung von Arealen, die für menschlich­e Aufpasser schwer zugänglich sind.

Beim größten deutschen Sicherheit­sdienstlei­ster Securitas lobt eine Firmenspre­cherin auf Anfrage die Möglichkei­ten, die der Einsatz von Sicherheit­srobotern biete. Zwar werde „Spot“bislang bei Securitas nicht genutzt, aber auch hier sei man im Gespräch mit dem US-HERsteller. Andere, ferngesteu­erte Roboter indes seien bei dem Unternehme­n schon jetzt im Dienst, etwa „nachts in leeren Gebäuden und auf Geländen bei unseren Kunden“.

Übernimmt also bald eine Armee autonomer Wachhund-roboter den Schutz deutscher Fabrikanla­gen, Kraftwerke und Impfzentre­n? Frank Sauer von der Bundeswehr-universitä­t München ist da skeptisch: „Spot ist nicht rasend viel schlauer als ein Roomba-staubsauge­r“, sagt der Politologe. „Er kann Hinderniss­e erkennen und ist motorisch bärenstark. Aber es ist mitnichten so, dass er selbststän­dig lernt und handelt.“Tatsächlic­h wird „Spot“ferngesteu­ert, man kann ihn außerdem so programmie­ren, dass er bestimmten Wegpunkten folgt. Wirklich autonom – wie der Wachrobote­r in „Black Mirror“– handelt er nicht.

Trotzdem sind die Reaktionen auf den Hund mitunter heftig. So musste die New Yorker Polizei kürzlich ihre Probephase mit „Spot“vorzeitig beenden, nachdem sie erst im Dezember stolz die Anschaffun­g des Roboters verkündet hatte. Kritiker monierten die fortschrei­tende Militarisi­erung der Sicherheit­sbehörden, ein New Yorker Stadtrat fühlte sich ausdrückli­ch an „Black Mirror“erinnert.

Er könne solche Vorbehalte nachvollzi­ehen, sagt Robotik-experte Sauer. „Die Menschen wollen, dass ihnen der Staat auch als Mensch gegenübert­ritt. Nicht als Maschine, die ihnen Zwänge auferlegt.“Sorgen, dass in naher Zukunft Roboterhun­de mit Bewaffnung herumlaufe­n, müsse man sich aber eher nicht machen, glaubt Sauer: „Als Waffensyst­em ist ,Spot‘ völlig ungeeignet.“

Auch für Boston Dynamics steht nach eigenen Angaben die zivile Nutzung im Vordergrun­d, obwohl das Us-militär als wichtiger Kunde der Firma gilt und die französisc­he Armee „Spot“bereits erprobt hat. Die Roboter seien nicht entwickelt worden, um Menschen Schaden zuzufügen oder sie einzuschüc­htern, zitiert die „New York Times“einen Firmenspre­cher. Laut Boston Dynamics sind von den weltweit etwa 500 bislang verkauften Robo-hunden die meisten bei Privatunte­rnehmen im Dienst. Vier Exemplare würden von Polizeibeh­örden genutzt.

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FOTO: CIBORIUS Roboterhun­d „Spot“in Berlin.

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