Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Verfassungsgericht weist Klage von Bayer ab
Neue juristische Schlappe: Bei dem Streit ging es um ein Produkt der verkauften Tierarznei-sparte.
KARLSRUHE/LEVERKUSEN (anh/dpa) Schlappe vor dem höchsten deutschen Gericht: Dieses Mal geht es um das frühere Bayer-produkt Baytril, ein Antibiotikum für Hunde, Katzen, Schweine und Rinder. Der Leverkusener Konzern wehrte sich gegen ein slowenisches Konkurrenzunternehmen, das ein Nachahmerprodukt auf den Markt gebracht hatte, und gegen die Umstände von dessen Zulassung. Doch das Bundesverfassungsgericht wies die Klage nun ab. Die beiden klagenden Tochterunternehmen von Bayer seien weder in deutschen noch in europäischen Grundrechten verletzt, teilten die Karlsruher Richter am Dienstag zur Begründung mit (Az.: 2 BVR 206/14).
In dem Verfahren ging es um den Schutz von Dokumenten zu möglichen Umweltrisiken, die Bayer im Jahr 2004 auf Wunsch der britischen Zulassungsbehörden erstellt hatte. Ein slowenisches Pharmaunternehmen hatte auf die Bayer-daten wenig später für die Zulassung seines inhaltsgleichen Produkts Enroxil in Großbritannien zurückgegriffen. Das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz hatte die britische Zulassung ebenfalls anerkannt.
Die Bayer-töchter hatten daraufhin gegen den Zulassungsbescheid geklagt: Die Daten für die britische Behörde unterlägen dem Betriebsund Geschäftsgeheimnis, argumentierte der Konzern. Doch er verlor durch alle Instanzen bis hin zum Bundesverwaltungsgericht – und nun auch in Karlsruhe. Hier blieb die bereits im Jahr 2014 eingereichte Verfassungsbeschwerde erfolglos.
Die Verfassungsrichter nutzten den Fall zudem für einige grundsätzliche Anmerkungen zum Verhältnis von deutschen und europäischen Grundrechten. Dabei gehen sie davon aus, dass in Eu-weit vereinheitlichten Bereichen durch die Eu-grundrechte ein hinreichender Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Den deutschen Grundrechten komme hier nur eine Reservefunktion zu. Griffen hingegen deutsche Grundrechte, seien diese im Lichte der Grundrechte-charta der EU auszulegen.
Im zu entscheidenden Bayer-fall gelangte das Gericht nach beiden Maßstäben allerdings zur selben Bewertung, Grundgesetz und Grundrechte-charta der EU führten zum selben Ergebnis, hieß es am Dienstag aus Karlsruhe. Der etwaige Eingriff in die Berufsfreiheit, den Bayer geltend gemacht hatte, diene dem Gemeinwohl und wiege auch nicht besonders schwer, erklärte das Gericht. Außerdem sei es nicht Sache des deutschen Bundesamts für Verbraucherschutz, mögliche Mängel der britischen Zulassungsentscheidung zu prüfen. Dagegen – so der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts – hätte Bayer in Großbritannien vorgehen müssen.
Bayer hatte im vergangenen Jahr sein Geschäft mit Tier-arzneimitteln (Animal Health) für rund fünf Milliarden Us-dollar an den amerikanischen Konzern Elanco verkauft. Dies war Teil des Umbauprogramms, das Bayer im November 2018 gestartet hatte. Insofern trifft die aktuelle Klage-zurückweisung gar nicht mehr Bayer selbst, sondern den neuen Eigentümer. Die Anleger ließ das Urteil kalt, die Bayer-aktie schloss im positiven Gesamtmarkt nahezu unverändert bei 51,47 Euro.