Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Koalition will Tarifbindung für Pflegeberufe festlegen
BERLIN (dpa/kna) Nach jahrelangem Ringen um eine bessere Bezahlung von Pflegekräften will die Bundesregierung voraussichtlich an diesem Mittwoch noch eine Pflegereform auf den Weg bringen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich am Dienstag zuversichtlich, dass die Reform am Mittwoch im Kabinett und noch vor dem Sommer im Bundestag beschlossen werde. In der Regierung und mit den Fraktionen habe es letzte Abstimmungen gegeben. Auch das federführende Ressort von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, die Reform komme. Von Sozialverbänden, Krankenkassen und Arbeitgebern kam indes Kritik.
Die Pflegerinnen und Pfleger in Deutschland bräuchten „mehr als Klatschen“, sagte Heil mit Blick auf Sympathie-bekundungen in der Corona-krise. „Die brauchen ordentliche Tariflöhne.“Im nächsten Jahr könne es flächendeckend Tariflöhne für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten geben. „Die Konstruktion ist so, dass es eine Aufwärtsspirale gibt für die Löhne“, sagte Heil dem Rbb-inforadio. Das führe zu steigenden Löhnen vor allem in Betrieben ohne Tarifbezahlung. Möglich sei eine Lohnsteigerung von bis zu 300 Euro für Pflegekräfte. Die Tarifsteigerungen würden von der Pflegeversicherung bezahlt.
Konkret zielen die Gesetzespläne darauf, dass Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden dürfen, die nach Tarifverträgen oder in ähnlicher Höhe bezahlen – dem jüngsten bekannt gewordenen Entwurf zufolge ab 1. September 2022. Um Pflegebedürftige von steigenden Zuzahlungen zu entlasten, sind demnach zugleich Zuschläge geplant – voraussichtlich zum 1. Januar 2022.
Zur Gegenfinanzierung soll ab 2022 ein Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung von jährlich einer Milliarde Euro kommen, wie Spd-fraktionsvize Bärbel Bas am Dienstag sagte. Mit dieser Zusage habe Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Einigung möglich gemacht. Diese Refinanzierung der Tariflöhne über die Pflegekasse und den Bundeshaushalt sei „eine gute und gut austarierte Lösung“. Daneben war im jüngsten Entwurf eine Anhebung des Zuschlags für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte auf künftig 0,35 Prozentpunkte vorgesehen.
Eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte ist erklärtes Ziel der großen Koalition. In der Altenpflege wird laut Arbeitsministerium nur knapp die Hälfte der Beschäftigten nach Tarif bezahlt. Ein Anlauf für einen branchenweit gültigen Tarifvertrag war zu Jahresbeginn gescheitert.