Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die andere Beuys-hommage in Gladbach

Das Museum Abteiberg zeigt eine neuartige Archiv-schau zum 100. Geburtstag des Künstlers.

- VON SABINE JANSSEN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Wände im Museum Abteiberg sind nicht mehr kühl-weiß. Bis auf 1,50 Meter Höhe sind sie in fleckigem Ockerbraun gestrichen. Eigens für die Ausstellun­g von Ghislaine Leung wurden die Wände angemalt – und natürlich auch ein bisschen für den Jubilar Joseph Beuys, der dieses Jahr 100 geworden wäre.

Einfach Beuys-arbeiten zeigen? Das ist nicht Sache des Museums Abteiberg in Mönchengla­dbach. Die Kunst spiegelt sich dort bereits im postmodern-lichten und labyrinthi­schen Museumsbau von Hans Hollein wider. Zum Beuys-jahr haben Museumsdir­ektorin Susanne Titz und ihr Team thematisch an Beuys angeknüpft. Die Kernfrage: Was kann und soll ein Museum? Was sind seine Aufgaben? Beuys hatte darauf sehr kategorisc­he Antworten: Der Rebell aus dem Rheinland schubste die Kunst von ihrem Sockel. Er führte den erweiterte­n Kunstbegri­ff ein, wollte die Mauern der musealen Elfenbeint­ürme einreißen.

„Institutio­nskritik – das Museum als Ort der permanente­n Konferenz“ist der etwas klobige Titel der Ausstellun­g in Gladbach, die die Beuys’schen Ideen weiterdenk­t – in mehreren Facetten.

Da sind – Teil eins – die Raum-arbeiten der in London lebenden Ghislaine Leung, die die Institutio­n Museum hinterfrag­t und sich als Künstlerin aber nicht außerhalb der Institutio­n sieht. Die durchlaufe­nden braunen Wände etwa breiten sich im Museum aus, stellen die Standard-hängung von Bildern infrage, treffen auf Dauer-installati­onen. Die luftgefüll­ten, blitze-weißen Bögen mit dem Schriftzug „welcome“begrüßen die Besucher, und doch wirken sie verstörend im Raum.

Da ist – Teil zwei – das Schau-magazin, das aus der Sammlung Andersch herauskris­tallisiert wurde und Beuys einen zeitgeschi­chtlichen Rahmen gibt. Das Archiv Andersch, 2017 vom Museum erworben, ist eine der umfangreic­hsten Sammlungen zur Fluxus-bewegung, die sich als fließenden Übergang von Leben und Kunst versteht und durch die, so die Expertin Susanne Rennert, Beuys erst zum Aktionskün­stler wurde. Zu sehen sind dort auch selten bis nie gezeigte Beuys-objekte wie Fotos, Postkarten und Zeichnunge­n.

Die Zukunft mit Leung und die Vergangenh­eit mit Andersch erhalten als Bindeglied in der Jetzt-zeit die Leihgaben aus dem Kröller-müller-museum im niederländ­ischen Otterlo, die noch mal auf das Thema verweisen: die Rolle des Museums in der Gesellscha­ft. Die vier Zeichnunge­n fertigte Beuys 1975 bei einem Interview an, in dem er über das Museum als „Intermediu­m“zwischen Künstler und Publikum sprach.

Info Die Ausstellun­g im Museum Abteiberg wird am Donnerstag eröffnet. Sie ist bis 24. Oktober zu sehen. www.museum-abteiberg.de

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FOTO: DETLEF ILGNER Haris Giannouras und Museumsdir­ektorin Susanne Titz haben die Ausstellun­g von Ghislaine Leung kuratiert.

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