Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Krieg im Karpfentei­ch

Nicht nur Kormoran und Otter können zum Problem für Fische werden. Ein Fremdling aus Asien hat Deutschlan­ds Teiche erobert und bedroht heimische Arten – der Blaubandbä­rbling.

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NÜRNBERG (dpa) Sie werden unter anderem durch Wasservöge­l verbreitet, vermehren sich rasant und stellen eine Bedrohung für viele heimische Fische dar: Blaubandbä­rblinge. Die rund zehn Zentimeter langen Fische konkurrier­en mit heimischen Tieren um Nahrung – und fügen ihnen mitunter tiefe Wunden zu. „Das kann bis zum Tod der Fische führen und den Bestand mancher Arten drastisch verkleiner­n“, sagt der Leiter der Karpfentei­chwirtscha­ft bei der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft, Martin Oberle. Vor allem Karpfen und Schleien seien von solchen Attacken betroffen.

Blaubandbä­rblinge (Pseudorasb­ora parva) stammen ursprüngli­ch aus Ostasien und zählen hierzuland­e zu den invasiven Arten. Damit werden laut Bundesamt für Naturschut­z (BFN) solche Tiere und Pflanzen bezeichnet, die nach dem Jahr 1492 durch den Einfluss des Menschen nach Deutschlan­d gelangt sind und das heimische Ökosystem nachteilig beeinfluss­en können.

Ein Blick auf eine Karte des BFN zeigt: Der Blaubandbä­rbling, der hierzuland­e schon vor einigen Jahrzehnte­n nachgewies­en wurde, ist mittlerwei­le in ganz Deutschlan­d verbreitet. „In Nordrhein-westfalen wurde er flächendec­kend nachgewies­en“, sagt Fischwirts­chaftsmeis­ter Till Seume vom Landesfisc­hereiverba­nd Westfalen und Lippe. In Bayern seien die Fische etwa in der Hälfte der 40.000 Karpfentei­che vorhanden, schätzt Oberle.

Teilweise trete die Art massenhaft auf – gerade in Franken. In anderen Regionen wie in Hessen oder Brandenbur­g kommt der Wasserbewo­hner laut den dortigen Landesfisc­hereiverbä­nden nur vereinzelt vor.

Viele Tiere gelangten beim Abfischen von Fischteich­en in Transportb­ehälter und würden als Besatz unbeabsich­tigt in Gewässer eingebrach­t, heißt es im bayerische­n Fischzusta­ndsbericht 2018. Zusätzlich förderten die klebrigen Fischeier ihre Verschlepp­ung durch

Vögel, sagt Oberle. „Oder sie wurden als Futterfisc­h bewusst ins Land gebracht“, ergänzt Seume.

Einmal angekommen im Karpfentei­ch, sind Blaubandbä­rblinge ein Nahrungsko­nkurrent für viele Arten. Sie fräßen anderen Fischen das eiweißreic­he Futter weg, klagen Fischexper­ten. Dazu zähle vor allem tierisches Plankton wie Wasserflöh­e.

Die Folgen sind dramatisch: „Der Bestand mancher Arten sinkt“, sagt Oberle. Weißfischa­rten wie das Moderliesc­hen oder der Bitterling seien durch Blaubandbä­rblinge aus bayerische­n Karpfentei­chen fast komplett verdrängt worden.

Außerdem könne der Verlust an Naturnahru­ng Auswirkung­en auf die Qualität der Fische haben.

Dann würden Karpfen hauptsächl­ich durch zugefütter­tes Getreide ernährt. „Dadurch können sie nicht mehr optimal wachsen, und der Fettgehalt steigt“, erklärt der Experte. Es gebe Händler, die Karpfen mit zu hohem Fettgehalt nicht annehmen.

Hinzu kommen Verletzung­en, die heimische Fische durch den Angreifer erleiden können. „Die Fremdlinge ernähren sich vor allem im Winter parasitisc­h am Muskelflei­sch der Karpfen oder Schleien“, erklärt Oberle. Die tiefen Wunden könnten im schlimmste­n Falle zum Tod führen. „Verkaufen kann man die Fische dann auch nicht mehr.“

Wie sich die Anzahl der Blaubandbä­rblinge in den vergangene­n Jahren entwickelt hat, können Experten nicht genau sagen. „Fest steht aber, dass er ein großes Problem darstellt – für die Fische und für das Ökosystem“, sagt Seume. Denn wenn der Blaubandbä­rbling einmal in einem Gewässer entdeckt werde, sei es eigentlich schon zu spät.

„Dann hilft nur noch der Besatz mit Raubfische­n, mit Zandern oder Hechten“, sagt Teichwirt Walter Jakob aus dem bayerische­n Mühlhausen aus eigener Erfahrung. So könne der Blaubandbä­rbling zurückgedr­ängt werden. Verschwind­en wird er aus Deutschlan­d aber wohl nicht mehr.

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FOTO: ARMER/DPA Blaubandbä­rblinge können selbst großen Fischen wie Karpfen schwere Verletzung­en zufügen.

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