Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mangelnder Datenschut­z bei Ermittlung­en zu Polizei-chats

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/ESSEN Die polizeilic­he Datenabfra­ge von 12.575 Rufnummern im Zusammenha­ng mit den Ermittlung­en gegen 24 Polizisten wegen rechtsextr­emer Chats ist einem Rechtsguta­chten zufolge vermutlich überzogen gewesen. „Es wurde massiv und in breiter Front in Grundrecht­e eingegriff­en“, sagte Rechtsanwa­lt Ingo Bott, der mit seiner Kanzlei „Plan A“im Auftrag der Spd-landtagsfr­aktion ein Rechtsguta­chten zu der Datenabfra­ge erstellt hat.

Demnach habe es zwar eine gesetzlich­e Grundlage für die massenhaft­e Abfrage der Daten gegeben. „Wenn aber so viele persönlich­e Daten abgefragt werden durch Polizisten, dann bedarf es immer einer ganz besonderen Sensibilit­ät. Die Polizei hat sich in dem Fall datenschut­zrechtlich verhalten wie die Axt im Walde“, sagte Bott.

Im vergangene­n Jahr waren bei der Polizei in Mülheim an der Ruhr mehrere Whatsapp-gruppen aufgefloge­n, in denen teilweise rechtsextr­eme und rassistisc­he Inhalte ausgetausc­ht worden waren. Ermittelt wird gegen 24 Polizisten. In dem

Zusammenha­ng hat die Polizei die Handys der Beschuldig­ten ausgewerte­t und Rufnummern überprüft. Die Datenabfra­ge der insgesamt 12.575 Rufnummern ergab 26 Treffer (Stand 9. März 2021) – die meisten mit Verbindung­en zu den „Steeler Jungs“in Essen, die der rechten Szene zugeordnet werden. Das entspreche einem kaum messbaren Prozentsat­z, sagte Christoph Buchert, Professor für Strafrecht an der Polizeihoc­hschule.

Spd-innenexper­te Hartmut Ganzke sprach von einer typischen Rasterfahn­dung. Denn zu viele Begleitper­sonen, die zufällig im Telefonbuc­h eines Beschuldig­ten gestanden hätten, wie etwa ein Handwerker oder Gemüsehänd­ler, seien so überprüft worden. Möglicherw­eise müssten das Polizeiges­etz nachgeschä­rft und die Befugnisse für Ermittler enger gefasst werden, so Ganzke.

Michael Mertens, Landesvors­itzender der Polizeigew­erkschaft, sagte: „Wir sehen uns bestätigt, dass in der Masse der Daten die Verhältnis­mäßigkeit nicht gewahrt war.“Auf die Ermittlung­en gegen die Beschuldig­ten hat das Rechtsguta­chten keine Auswirkung­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany