Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mangelnder Datenschutz bei Ermittlungen zu Polizei-chats
DÜSSELDORF/ESSEN Die polizeiliche Datenabfrage von 12.575 Rufnummern im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen 24 Polizisten wegen rechtsextremer Chats ist einem Rechtsgutachten zufolge vermutlich überzogen gewesen. „Es wurde massiv und in breiter Front in Grundrechte eingegriffen“, sagte Rechtsanwalt Ingo Bott, der mit seiner Kanzlei „Plan A“im Auftrag der Spd-landtagsfraktion ein Rechtsgutachten zu der Datenabfrage erstellt hat.
Demnach habe es zwar eine gesetzliche Grundlage für die massenhafte Abfrage der Daten gegeben. „Wenn aber so viele persönliche Daten abgefragt werden durch Polizisten, dann bedarf es immer einer ganz besonderen Sensibilität. Die Polizei hat sich in dem Fall datenschutzrechtlich verhalten wie die Axt im Walde“, sagte Bott.
Im vergangenen Jahr waren bei der Polizei in Mülheim an der Ruhr mehrere Whatsapp-gruppen aufgeflogen, in denen teilweise rechtsextreme und rassistische Inhalte ausgetauscht worden waren. Ermittelt wird gegen 24 Polizisten. In dem
Zusammenhang hat die Polizei die Handys der Beschuldigten ausgewertet und Rufnummern überprüft. Die Datenabfrage der insgesamt 12.575 Rufnummern ergab 26 Treffer (Stand 9. März 2021) – die meisten mit Verbindungen zu den „Steeler Jungs“in Essen, die der rechten Szene zugeordnet werden. Das entspreche einem kaum messbaren Prozentsatz, sagte Christoph Buchert, Professor für Strafrecht an der Polizeihochschule.
Spd-innenexperte Hartmut Ganzke sprach von einer typischen Rasterfahndung. Denn zu viele Begleitpersonen, die zufällig im Telefonbuch eines Beschuldigten gestanden hätten, wie etwa ein Handwerker oder Gemüsehändler, seien so überprüft worden. Möglicherweise müssten das Polizeigesetz nachgeschärft und die Befugnisse für Ermittler enger gefasst werden, so Ganzke.
Michael Mertens, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, sagte: „Wir sehen uns bestätigt, dass in der Masse der Daten die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt war.“Auf die Ermittlungen gegen die Beschuldigten hat das Rechtsgutachten keine Auswirkungen.