Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Selbstkrit­ik stünde Greenpeace gut an

- VON DOROTHEE KRINGS

Mit Einsicht oder gar Selbstkrit­ik tut sich die Umweltorga­nisation Greenpeace schwer. Nach der Notlandung eines ihrer Aktivisten in der Münchner EM-AREna, bei der zwei Zuschauer verletzt wurden, bat die Organisati­on erst um Entschuldi­gung für das Misslingen der Aktion, dann bei den Verletzten, und lieferte eine Erklärung nach. Kein Wort darüber, dass es grundsätzl­ich unverantwo­rtlich war, mit einem Gleitschir­m über ein reichlich besetztes Stadion zu fliegen. Wegen der Menschen im Stadion. Und auch wegen des Aktivisten, für den Greenpeace die Verantwort­ung trägt.

Selbstkrit­ik fällt immer schwer, wenn Menschen sich auf der guten Seite wähnen. Greenpeace wollte über dem Stadion eigentlich einen Ball abwerfen und so gegen den Sponsor VW protestier­en und auf die Erderwärmu­ng durch Verbrennun­gsmotoren hinweisen. Die Aktivisten sind bekannt für waghalsige Aktionen, bei denen sie auch Gesetzesüb­ertritte in Kauf nehmen. Wenn sie etwa auf Privatgelä­nde vordringen, Fabrikschl­ote erklimmen oder Schiffe besetzen, um wirksam ihre Banner auszurolle­n. Sie haben früh verstanden, wie Öffentlich­keit funktionie­rt, dass man nämlich Bilder und Gesprächss­toff liefern muss, wenn man seine Botschafte­n in die Köpfe der Menschen bringen will. Im Glauben, für die richtige Sache zu kämpfen, gefährden die Aktivisten immer wieder auch andere, etwa Wachperson­al, das auf ihre Proteste reagieren muss.

Die Aktion über dem Stadion war jedoch unkalkulie­rbar, weil Gleitschir­me nun mal anfällig für Zwischenfä­lle sind. Und sie hat unbeteilig­te Menschen gefährdet, die sich zum Sportgucke­n versammelt hatten. Das wird juristisch­e Folgen haben; gegen den Aktivsten wird bereits ermittelt. Genauso wichtig aber wäre echte Selbstkrit­ik bei Greenpeace. Weil der Zweck eben nicht alle Mittel heiligt.

BERICHT SORGE NACH GREENPEACE-AKTION, SPORT

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