Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Selbstkritik stünde Greenpeace gut an
Mit Einsicht oder gar Selbstkritik tut sich die Umweltorganisation Greenpeace schwer. Nach der Notlandung eines ihrer Aktivisten in der Münchner EM-AREna, bei der zwei Zuschauer verletzt wurden, bat die Organisation erst um Entschuldigung für das Misslingen der Aktion, dann bei den Verletzten, und lieferte eine Erklärung nach. Kein Wort darüber, dass es grundsätzlich unverantwortlich war, mit einem Gleitschirm über ein reichlich besetztes Stadion zu fliegen. Wegen der Menschen im Stadion. Und auch wegen des Aktivisten, für den Greenpeace die Verantwortung trägt.
Selbstkritik fällt immer schwer, wenn Menschen sich auf der guten Seite wähnen. Greenpeace wollte über dem Stadion eigentlich einen Ball abwerfen und so gegen den Sponsor VW protestieren und auf die Erderwärmung durch Verbrennungsmotoren hinweisen. Die Aktivisten sind bekannt für waghalsige Aktionen, bei denen sie auch Gesetzesübertritte in Kauf nehmen. Wenn sie etwa auf Privatgelände vordringen, Fabrikschlote erklimmen oder Schiffe besetzen, um wirksam ihre Banner auszurollen. Sie haben früh verstanden, wie Öffentlichkeit funktioniert, dass man nämlich Bilder und Gesprächsstoff liefern muss, wenn man seine Botschaften in die Köpfe der Menschen bringen will. Im Glauben, für die richtige Sache zu kämpfen, gefährden die Aktivisten immer wieder auch andere, etwa Wachpersonal, das auf ihre Proteste reagieren muss.
Die Aktion über dem Stadion war jedoch unkalkulierbar, weil Gleitschirme nun mal anfällig für Zwischenfälle sind. Und sie hat unbeteiligte Menschen gefährdet, die sich zum Sportgucken versammelt hatten. Das wird juristische Folgen haben; gegen den Aktivsten wird bereits ermittelt. Genauso wichtig aber wäre echte Selbstkritik bei Greenpeace. Weil der Zweck eben nicht alle Mittel heiligt.
BERICHT SORGE NACH GREENPEACE-AKTION, SPORT