Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kein Stein blieb auf dem anderen
Christoph Ziegler, Urgestein des Hamminkelner SV, hat den Verein nach drei Jahrzehnten verlassen. Die A-liga-fußballer der zweiten Mannschaft werden nun von Ferhat Isik trainiert. Neun Spieler sind nicht mehr dabei, dafür aber 14 Neuzugänge.
Hsv-urgestein Christoph Ziegler hat den Verein verlassen. Die A-liga-fußballer der zweiten Mannschaft werden nun von Ferhat Isik trainiert.
HAMMINKELN Es ist jetzt kein sportliches Beben, aber die „Wanderungen“haben schon Erschütterungen im Konstrukt der zweiten Mannschaft des Hamminkelner SV hinterlassen. Im Vergleich der vergangenen, annullierten Saison ist beim Fußball-a-ligisten kaum noch ein Stein auf dem anderen geblieben. Die Trainer haben gewechselt – nach drei Jahrzehnten im Verein ist mit Christoph Ziegler ein Hsv-urgestein abgewandert (PSV Wesel II) – neun Kicker haben das Team verlassen, 14 neue sind dazugestoßen. „Wir haben einen Umbruch in der zweiten Garnitur erlebt“, fasst es der neue Coach Ferhat Isik, der zuletzt beim C-ligisten Wesel Anadolu Spor das Sagen hatte, zusammen. Für Ziegler ist der Abschied schmerzhaft. „Die HSV-ZEIT hat ein jähes Ende gefunden“, sagt der 34-Jährige.
Und er hat einiges mitgemacht und erlebt bei „seinem“Hamminkelner SV. Vor fast zwölf Jahren stand er bei dem legendären Pokalspiel vor 2000 Zuschauern gegen RW Essen (0:4) zwischen den Pfosten des Bezirksligisten. Nach einigen Jahren, in denen er zwischen der ersten und zweiten Mannschaft pendelte, fand der Schlussmann 2016/17 seine neue Heimat in der Reserve. Vor drei Jahren übernahm Christoph Ziegler das Team sogar als Trainer.
Dabei verfolgte er einen Traum. „Ich wollte auch als Trainer mal aufsteigen“, erzählt Ziegler. In der Saison 2019/20 gelang ihm mit der zweiten Garnitur der Sprung ins Kreis-oberhaus. Vier Spielzeiten zuvor hatte der HSV II schon einmal das Abenteuer A-liga in Angriff genommen, war mit nur 15 Punkten und mehr als 100 Gegentoren aber ziemlich krachend gescheitert. „Wir hatten uns darauf eingeschworen, dass wir das auch anders, besser können“, so Ziegler. Der Start mit sieben Punkten aus den ersten drei Spielen schien dies zu bestätigen, doch bis zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs war als Tabellen-16. nur noch ein Zähler hinzugekommen.
Für Christoph Ziegler keine Überraschung beim Rückblick auf die Trainingsbeteiligung. „Da waren im Durchschnitt 6,5 Spieler.“Eine Besserung für die am Wochenende beginnende neue Spielzeit war auch nicht in Sicht. Damit kam für ihn der
Trainerjob nicht mehr infrage. Aus seiner Sicht hätte das Problem behoben werden können. „Ich habe es nicht so gesehen, dass in Hamminkeln drei Teams existieren müssen“, sagt Ziegler. Der Vorstand ist da anderer Meinung.
Und da mit Daniel Brodhuhn, Christian Buttenborg, Tim Lamsat, Oliver Baumann sowie Christoph Miszewski schon fünf Akteure angekündigt hatten, nur noch im dritten Team kicken zu wollen, kam es zum Wechsel. „Ich habe eine neue Herausforderung gesucht. Die habe ich nun, zudem will ich mit Freunden zusammenspielen. Somit ist das Kapitel HSV beendet. Obwohl ich immer gesagt habe, ich bin mit dem Hamminkelner SV verheiratet.“
Zusammen mit Felix Jansen hat Ziegler nun beim Klassenkonkurrenten PSV Wesel II eine neue Heimat gefunden. Auch Dawid Marciszyn (SV Bislich) und Felix Paus (beruflich nach Köln) kicken nicht
mehr für die Reserve. Die hat dafür mit Marco Hoffmann, Bervedan Mengüloglu, Peter Geilenkirchen, Kubilay Sen (alle Anadolu Spor), Egzon Kokolari, Renaldo Kurti, Stefan Florea (alle Weseler SV), Haris Hrustanovic, Dzenan Guso, Suresh Thiesing, Halil Ibrahim Tireng (alle 1. FC Bocholt II), Leon Bender ( VFL Rhede, A-jugend), Yannick Klaus ( Viktoria Wesel) und Jan-niklas
Kreisel (nach Pause) gleich 14 neue Gesichter bekommen.
Hier liegt für den neuen Coach Ferhat Isik, der zusammen mit Stefan den Brock – er löst Wolfgang Hartje als Co-trainer ab – die Saison in Angriff nimmt, auch das große Problem. „Wir brauchen Zeit, um uns als Team zu finden“, sagt der 35-jährige ehemalige Oberliga-fußballer (1. FC Bocholt). Dass dies ein
Prozess ist, der auch Rückschläge mit einschließt, erfuhr Ferhat Isik vergangenen Sonntag bei der 0:3-Klatsche beim B-ligisten TUS Haffen-mehr. „Die Einstellung, die am Anfang da war, die fehlte jetzt“, bemängelt der Coach. Zudem würden Testspiele „leider auch nie so ernst genommen“.
Dies ist jedoch nicht die einzige Erkenntnis, die den neuen Übungsleiter umtreibt. Als Coach einer zweiten Mannschaft stehe er irgendwie zwischen den Fronten, auf der einen Seite die erste, auf der anderen die dritte Garnitur. „Man muss von vornherein wissen, wie schwierig das ist. Da muss man als Trainer sehr kreativ sein.“
Bei allen Unwägbarkeiten peilt der Coach einen Platz unter den ersten acht Teams an, um nicht in die Abstiegsrunde zu rutschen. „Die Qualität haben wir. Wir arbeiten daran, ein unbequemer Gegner zu werden“, so Isik.