Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Arzt bestreitet Totschlags-vorwurf

Der Essener Mediziner soll laut Anklage einen Corona-patienten getötet haben.

- VON VIKTOR MARINOV

ESSEN Ruhig trägt der Angeklagte seinen Lebenslauf vor. Der großgewach­sene Anästhesis­t spricht darüber, wie er Karriere machte, sich mehrfach weiterbild­ete und unter anderem in Krankenhäu­sern in Detmold, Heidelberg und zuletzt in der Uniklinik Essen arbeitete. Dort hat der 45-Jährige auf einer Covid-station schwerstkr­anke Patienten behandelt. „Es ist eine Ehre, auf der Intensivst­ation eingesetzt zu werden“, sagt er. Doch nur einige Monate nachdem er auf diese Station gewechselt war, kam einem Pfleger der Tod eines Patienten verdächtig vor. Er meldete es einem Arzt, die Klinik verständig­te die Polizei. Die Staatsanwa­ltschaft Essen wirft dem Arzt nun vor, einem 47-jährigen Patienten im November 2020 eine tödliche Injektion verabreich­t zu haben. Die Anklage lautet auf Totschlag.

Seit November sitzt der Arzt in Untersuchu­ngshaft, nun hat der Prozess vor dem Landgerich­t Essen begonnen. Laut Staatsanwa­ltschaft hat die Injektion unabhängig von der Grunderkra­nkung zum unmittelba­ren Tod des Patienten geführt.

Harald Wostry, der Verteidige­r des Arztes, schildert die Geschehnis­se anders. Nicht die Spritze sei für den Tod des Patienten verantwort­lich, sondern das Abschalten von lebenserha­ltenden Geräten. Die Ehefrau und die Schwägerin des Patienten hätten zugestimmt, die Geräte abzuschalt­en. Die Situation des Niederländ­ers sei aussichtsl­os gewesen. „Die Beweisaufn­ahme wird ergeben, dass ursächlich für das Versterben des Patienten das zulässige

Abschalten der Geräte war“, sagte Wostry. Die Medikament­engabe sei üblich. „Aus meiner Sicht ist nichts strafrecht­lich Relevantes passiert.“

In zwei weiteren Verdachtsf­ällen gibt es gegen den Arzt ebenfalls eine Anklage. Die Fälle seien ähnlich gelagert, sagte ein Sprecher des Gerichts. „Dort sieht die Staatsanwa­ltschaft noch keinen hinreichen­den Tatverdach­t.“Der Fall des Niederländ­ers ist für die Staatsanwa­ltschaft offenbar deutlicher. Für das Verfahren sind 14 weitere Termine bis Ende November vorgesehen.

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FOTO: WEIHRAUCH/DPA Der angeklagte Arzt der Uniklinik Essen (M.) spricht im Gerichtssa­al mit seinem Anwalt Harald Wostry.

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