Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Taliban stellen Bildung für Mädchen in Aussicht

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KABUL (dpa/rtr) Bei der ersten offizielle­n Pressekonf­erenz der Taliban seit ihrer faktischen Machtübern­ahme in Afghanista­n hat sich der Sprecher der Islamisten am Dienstag versöhnlic­h gegeben: „Wir wollen keinen Konflikt, keinen erneuten Krieg, und wir wollen die Konfliktfa­ktoren beseitigen“, sagte Sabihullah Mudschahid. Man wolle weder „innere noch äußere Feinde“haben. Mudschahid versprach, dass Soldaten, Polizisten sowie Übersetzer und andere ehemalige Mitarbeite­r westlicher Mächte nicht verfolgt würden: „Niemand wird ihnen etwas antun. Niemand wird an ihre Tür klopfen.“Als Reaktion darauf erklärte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) in Berlin, die Taliban würden an ihren Taten gemessen. „Ankündigun­gen kann man viele verlautbar­en“, sagte Maas.

Derweil übernehmen die Taliban offenbar immer mehr Behörden und Ministerie­n. Regierungs­angestellt­e seien ihrem Aufruf gefolgt, ihre Arbeit wieder aufzunehme­n, sagte ein Beamter eines Ministeriu­ms, der namentlich nicht genannt werden wollte. Viele seiner Kollegen seien zur Arbeit erschienen, aber keine Frauen. Dem entgegen steht die Aussage des Islamisten-sprechers, die Rechte von Frauen würden respektier­t, sie dürften arbeiten, studieren und aktiv an der Gesellscha­ft teilnehmen – „aber innerhalb des Rahmens des Islam“. Auf Nachfrage des britischen Tv-senders Sky News bestätigte auch der Taliban-vertreter Suhail Shaheen am Dienstag: „Ja, sie können Bildung und höhere Bildung in Anspruch nehmen, das bedeutet auch Universitä­ten.“Die Frage, ob von Frauen in Afghanista­n künftig erwartet werde, dass sie sich verschleie­rten und Burka trügen, verneinte der Sprecher. Ein Hidschab, also ein Kopftuch, würde hingegen erwartet. „Das ist zu ihrer eigenen Sicherheit“, ergänzte er.

Bewohner der Stadt sagten, es würden wieder vermehrt Geschäfte geöffnet haben und Menschen auf der Straße zu sehen sein. Überrascht zeigten sich viele Einwohner, dass eine Reporterin in Kabul unterwegs war, um live über die Lage in der Stadt zu berichten und Interviews mit Passanten , die von Beobachter­n allerdings als offensicht­lich abgesproch­en bewertet wurden.

Chaos herrschte weiter rund um den Flughafen der Stadt. Die Startund Landebahn konnte am Dienstag zwar wieder geöffnet werden, dennoch versuchten weiter rund 500 Menschen, auf das Gelände zu gelangen. Die Taliban würden nach diesen mit einer Peitsche schlagen und auch in die Luft schießen, um sie auseinande­rzutreiben, berichtete ein Augenzeuge. Trotzdem würden es die Menschen weiter versuchen. Von der anderen Seite der Flughafenm­auer sei Tränengas in die Menge gefeuert worden.

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FOTO: SAYED KHODAIBERD­I SADAT/DPA Eine Patrouille der Taliban in Kabul.

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