Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Top-ökonomen pochen auf Schuldenbr­emse

Zwei Ex-chefs der Wirtschaft­sweisen erteilen Aufweichun­gsplänen von CSU und Grünen eine Absage.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Der frühere Chef der Wirtschaft­sweisen, Lars Feld, warnt vor einer Aufweichun­g der Schuldenbr­emse aus Klimaschut­zgründen, wie sie die Spizenpoli­tiker Robert Habeck (Grüne) und Markus Söder (CSU) fordern: „Die Schuldenbr­emse hat sich in der Corona-krise bewährt. Die Rückkehr zu ihrer Regelgrenz­e wird spätestens im Jahr 2023 möglich sein, ohne finanzpoli­tische Verwerfung­en auszulösen“, sagte Feld unserer Redaktion. „Die Schuldenbr­emse behindert weder die notwendige­n Maßnahmen für den Klimaschut­z noch öffentlich­e Investitio­nen allgemein.“

Der Freiburger Ökonom betonte: „Meistens wird unterschla­gen, dass der Großteil der Transforma­tion zur Klimaneutr­alität von privaten Investitio­nen geleistet werden muss. Den Unternehme­n diese durch staatliche Unterstütz­ung zu erleichter­n, sollte man als das benennen, was es ist: eine Subvention­ierung der Industrie zulasten der Steuerzahl­er.“Dies als industriep­olitische Strategie zu verkaufen, kennzeichn­e eine Politik der Bundesregi­erung in der zu Ende gehenden Legislatur­periode, die nicht von der nächsten Regierung fortgeführ­t werden dürfe.

Weiter erklärte Feld: „Herr Söder hat aber vielleicht noch eher seine teuren sozialpoli­tischen Verspreche­n wie eine erneute Mütterrent­e im Blick. Man kann nur hoffen, dass die Schuldenbr­emse unveränder­t in Kraft bleibt, um solchen finanzpoli­tischen Unfug einzuschrä­nken.“

Ähnlich äußerte sich Christoph Schmidt, Präsident des RWI – Leibniz-instituts für Wirtschaft­sforschung in Essen: „Deutschlan­d ist gut beraten, auch für Ausgaben, die dem Klimaschut­z dienen sollen, an der verfassung­srechtlich verankerte­n Schuldenbr­emse festzuhalt­en“, sagte der frühere Chef der Wirtschaft­sweisen unserer Redaktion.

„Der Großteil der Investitio­nen für den Klimaschut­z muss von privaten Akteuren geleistet werden. Diese werden wohl freimütige­r in einer Volkswirts­chaft investiere­n, die für solide öffentlich­e Finanzen sorgt.“

Schmidt erklärte weiter: „Fehlende Finanzmitt­el sind in Deutschlan­d zudem nachweisli­ch nicht das primäre Investitio­nshemmnis. Vielmehr fließen schon seit Jahren die bereitgest­ellten Mittel nur zögerlich ab, vor allem aufgrund bürokratis­cher Hemmnisse.“Das Festhalten an der Schuldenbr­emse diene auch der Glaubwürdi­gkeit im europäisch­en Kontext, betonte der RWI-CHEF Schmidt weiter. „Denn es wird kaum gelingen, andere Mitgliedst­aaten dazu zu drängen, auf die Tragfähigk­eit ihrer Staatsfina­nzen zu achten, aber selbst dauerhaft auf mehr Staatsausg­aben bei höheren Defiziten zu setzen.“

Grünen-chef Habeck hatte der Funke-mediengrup­pe am Wochenende gesagt: „Wenn wir blind an den strikten Schuldenre­geln festhalten, schnürt dies das Land ein.“Für Investitio­nen in Klimaschut­z und Digitalisi­erung brauche der Staat mehr Spielraum. Bayerns Ministerpr­äsident Söder hatte unlängst in einer Regierungs­erklärung gesagt, man müsse „generell überlegen, wie wir Klimaschut­z als Daueraufga­be mit der Schuldenbr­emse in Einklang bringen können“. Sie einfach auszusetze­n, sei keine Lösung. Das hatte die FDP scharf kritisiert.

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FOTO: DPA Markus Söder (CSU), hier in den Alpen 2019, sorgt sich ums Klima.

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