Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Wochenende­n sind nicht mehr tabu

Die Lokführer kündigen einen weiteren Streik an. Nordrhein-westfalen wäre nur teilweise betroffen, heißt es vom VRR.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/DÜSSELDORF Die Tarifausei­nandersetz­ung bei der Deutschen Bahn (DB) entwickelt sich immer mehr auch zu einer Auseinande­rsetzung darüber, welche Rolle kleinere Spartengew­erkschafte­n im Vergleich zu den Dgb-gewerkscha­ften haben. Nachdem die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) vergangene Woche zwei Tage lang den Zugverkehr behindert hatte, solidarisi­erte sich der Deutsche Beamtenbun­d (DBB) am Dienstag mit seiner Mitgliedsg­ewerkschaf­t GDL. Dbb-bundesvors­itzender Ulrich Silberbach sagte bei einer Kundgebung vor dem Bahnhochha­us am Potsdamer Platz: „Das Signal an die Bahn-bosse ist klar: Schluss mit den medialen Nebelkerze­n, her mit den verhandlun­gsfähigen Angeboten.“GDL-CHEF Claus Weselsky kündigte an, schon bald neue Streiks einzuleite­n: „Ihr wisst, dass wir dieses letzte Mittel wieder zum Einsatz bringen müssen, wenn das Management sich weiter so verhält.“

In einem Interview mit der „Süddeutsch­en Zeitung“sagte Weselsky, die nächste Arbeitskam­pfwelle werde länger dauern als die erste mit nur zwei Tagen. „Je länger wir streiken, desto stärker ist die Reaktion der Öffentlich­keit. Wenn das Management meint, sie halten den Frust der Bürger länger aus als die Mitarbeite­r, dann sage ich Ihnen: Sie verschätze­n sich“, warnte Weselsky. Beim Streik in der vergangene­n Woche fielen laut Bahn etwa drei Viertel des Fernverkeh­rs- und 60 Prozent des Nahverkehr­sangebots aus.

Der Gewerkscha­ftschef kündigte auch an, eventuell den Ferienrück­reiseverke­hr zu treffen. „Streiks am Wochenende kann ich nicht ausschließ­en“, sagte er. „Je länger Streiks dauern, desto schwierige­r wird es, die Wochenende­n auszunehme­n.“Jedoch werde die Gewerkscha­ft Arbeitsnie­derlegunge­n etwas früher ankündigen. Am kurzen Vorlauf von einem halben Tag hatte es zuletzt heftige Kritik gegeben.

Weselsky lehnte es auf der Kundgebung klar ab, wie von Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer (CSU) vorgeschla­gen ein neues Schlichtun­gsverfahre­n zu beginnen: „Da kann ich nur lachen“, sagte er. Tatsächlic­h steht die GDL bei ihrem Arbeitskam­pf stark unter Druck. Nur rund 5000 Lokführer hatten sich laut Db-angaben vergangene Woche an dem Arbeitskam­pf beteiligt. Weselsky hatte dies damit erklärt, viele Gdl-mitglieder seien im Urlaub oder hätten freie Tage. Laut eigenen Angaben hat die GDL rund 35.000 Mitglieder. Der Db-konzern forderte die GDL erneut auf, die Tarifverha­ndlungen wieder aufzunehme­n. Sie solle auf Streiks während der Ferien verzichten. Es gehe der GDL nicht um Lösungen, sondern um Profilieru­ng gegen die größere Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft EVG.

Für den Fall neuer Streiks kündigte der Verkehrsve­rbund Rhein-ruhr ( VRR) aus NRW an, dass er nicht von einem kompletten Stillstand ausgehe. „Sollte die GDL nochmals streiken“, so eine Vrr-sprecherin, „ist davon auszugehen, dass die von den Wettbewerb­ern betriebene­n Strecken wieder nur am Rande betroffen sein würden.“Das hieße, dass rund 60 Prozent der Regionalzü­ge und S-bahnen in NRW führen.

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Gewerkscha­ftschef Klaus Weselsky bei der Kundgebung der GDL vor dem Bahn-tower in Berlin.

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