Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Wochenenden sind nicht mehr tabu
Die Lokführer kündigen einen weiteren Streik an. Nordrhein-westfalen wäre nur teilweise betroffen, heißt es vom VRR.
BERLIN/DÜSSELDORF Die Tarifauseinandersetzung bei der Deutschen Bahn (DB) entwickelt sich immer mehr auch zu einer Auseinandersetzung darüber, welche Rolle kleinere Spartengewerkschaften im Vergleich zu den Dgb-gewerkschaften haben. Nachdem die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vergangene Woche zwei Tage lang den Zugverkehr behindert hatte, solidarisierte sich der Deutsche Beamtenbund (DBB) am Dienstag mit seiner Mitgliedsgewerkschaft GDL. Dbb-bundesvorsitzender Ulrich Silberbach sagte bei einer Kundgebung vor dem Bahnhochhaus am Potsdamer Platz: „Das Signal an die Bahn-bosse ist klar: Schluss mit den medialen Nebelkerzen, her mit den verhandlungsfähigen Angeboten.“GDL-CHEF Claus Weselsky kündigte an, schon bald neue Streiks einzuleiten: „Ihr wisst, dass wir dieses letzte Mittel wieder zum Einsatz bringen müssen, wenn das Management sich weiter so verhält.“
In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“sagte Weselsky, die nächste Arbeitskampfwelle werde länger dauern als die erste mit nur zwei Tagen. „Je länger wir streiken, desto stärker ist die Reaktion der Öffentlichkeit. Wenn das Management meint, sie halten den Frust der Bürger länger aus als die Mitarbeiter, dann sage ich Ihnen: Sie verschätzen sich“, warnte Weselsky. Beim Streik in der vergangenen Woche fielen laut Bahn etwa drei Viertel des Fernverkehrs- und 60 Prozent des Nahverkehrsangebots aus.
Der Gewerkschaftschef kündigte auch an, eventuell den Ferienrückreiseverkehr zu treffen. „Streiks am Wochenende kann ich nicht ausschließen“, sagte er. „Je länger Streiks dauern, desto schwieriger wird es, die Wochenenden auszunehmen.“Jedoch werde die Gewerkschaft Arbeitsniederlegungen etwas früher ankündigen. Am kurzen Vorlauf von einem halben Tag hatte es zuletzt heftige Kritik gegeben.
Weselsky lehnte es auf der Kundgebung klar ab, wie von Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) vorgeschlagen ein neues Schlichtungsverfahren zu beginnen: „Da kann ich nur lachen“, sagte er. Tatsächlich steht die GDL bei ihrem Arbeitskampf stark unter Druck. Nur rund 5000 Lokführer hatten sich laut Db-angaben vergangene Woche an dem Arbeitskampf beteiligt. Weselsky hatte dies damit erklärt, viele Gdl-mitglieder seien im Urlaub oder hätten freie Tage. Laut eigenen Angaben hat die GDL rund 35.000 Mitglieder. Der Db-konzern forderte die GDL erneut auf, die Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen. Sie solle auf Streiks während der Ferien verzichten. Es gehe der GDL nicht um Lösungen, sondern um Profilierung gegen die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG.
Für den Fall neuer Streiks kündigte der Verkehrsverbund Rhein-ruhr ( VRR) aus NRW an, dass er nicht von einem kompletten Stillstand ausgehe. „Sollte die GDL nochmals streiken“, so eine Vrr-sprecherin, „ist davon auszugehen, dass die von den Wettbewerbern betriebenen Strecken wieder nur am Rande betroffen sein würden.“Das hieße, dass rund 60 Prozent der Regionalzüge und S-bahnen in NRW führen.