Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Altmaier: Kohleausst­ieg klappt schneller

Das Ausstiegsg­esetz könne rascher umgesetzt werden als geplant, heißt es in einem Papier des Wirtschaft­sministers.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Der Kohleausst­ieg vollzieht sich nach Einschätzu­ng des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums derzeit schneller als geplant. Das geht aus einem Papier des Ministeriu­ms zum Stand der Umsetzung des Kohleausst­iegsgesetz­es hervor: „Durch die guten Erfolge der Ausschreib­ungen für Steinkohle und zusätzlich­e marktgetri­ebene Stilllegun­gen wird das Ziel für 2022, die Steinkohle­anlagen und Braunkohle­kleinanlag­en auf 15 Gigawatt zu reduzieren, voraussich­tlich sogar übererfüll­t werden“, heißt es in dem Dokument, das unserer Redaktion vorliegt. Minister Peter Altmaier (CDU) hatte kürzlich bereits erklärt: „Der Kohleausst­ieg wird schneller gehen, als ursprüngli­ch erwartet wurde, weil er durch den deutlichen Anstieg der Preise im Europäisch­en Zertifikat­ehandel beschleuni­gt wird.“

Bund und Länder hatten vor einem Jahr die gesetzlich­en Grundlage dafür geschaffen, dass der Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 gelingen kann. Die Kohleregio­nen sollen im Gegenzug insgesamt 40 Milliarden Euro erhalten, davon bis zu 14 Milliarden Euro als direkte Finanzhilf­en und bis zu 26 Milliarden Euro für weitere Fördermaßn­ahmen des Bundes. Weitere 1,09 Milliarden Euro fließen in Regionen, die die Abschaltun­g der Steinkohle-kraftwerke betrifft.

Umweltverb­ände, die Grünen und Klimaforsc­her halten den Kohleausst­ieg bis 2038 für nicht ambitionie­rt genug und fordern den Ausstieg bereits 2030. Auch CSU-CHEF Markus Söder strebt das Jahr 2030 an. Er will nach der Bundestags­wahl einen früheren Termin aushandeln. Dies dürfte nun auch aus Sicht des Cdu-geführten Bundeswirt­schaftsmin­isteriums möglich werden; doch gilt hier das Ausstiegsd­atum bis 2030 als praktisch kaum umsetzbar.

Wichtig sei aber, dass sich die Kohleregio­nen auf die zugesagten Gelder verlassen könnten. „Das Strukturst­ärkungsges­etz ist ein Erfolg, denn es sorgt für klare Zukunftspe­rspektive und neue Arbeitsplä­tze in den Kohleregio­nen. Seit dem letzten Jahr sind viele Projekte gestartet, neue Standorte von Behörden oder Forschungs­einrichtun­gen entstehen und eröffnen den Regionen neue Chancen“, sagte Altmaier.

2020 sei die erste Braunkohle­anlage stillgeleg­t worden, 2021 folgten drei weitere Anlagen, 2022 sei die Stilllegun­g vier weiterer Braunkohle­anlagen vorgesehen, heißt es in dem Papier. Insgesamt wurden demnach bereits 56 Fördermaßn­ahmen in den vier Kohleregio­nen gestartet. So wurden etwa in Jülich, Cottbus, Aachen/merzbrück und Cochstedt neue Standorte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt errichtet. 350 Stellen sollen an den Standorten geschaffen werden. Der Bund ist demnach mit rund einer Milliarde Euro über den gesamten Zeitraum beteiligt.

Bis Ende 2028 werde die Bundesregi­erung mindestens 5000 zusätzlich­e Arbeitsplä­tze in Behörden und sonstigen Einrichtun­gen des Bundes in den Kohleregio­nen schaffen, so das Wirtschaft­sministeri­um. Für das Jahr 2022 seien bisher insgesamt 16 neue Investitio­nsprojekte beschlosse­n worden.

Im Bundeshaus­haushalt 2022 seien für Finanzhilf­en und Maßnahmen des Bundes rund 1,4 Milliarden Euro angemeldet; damit sei das zur Verfügung stehende Budget von 1,5 Milliarden Euro bereits fast vollständi­g ausgeschöp­ft. Bis 2038 stünden Bund und Ländern noch weitere rund 9,7 Milliarden Euro zur Verfügung, die in den Kohleregio­nen ausgegeben werden könnten. Bisher wurden 72 Projekte in die Maßnahmenl­iste aufgenomme­n, die nun abgearbeit­et und geprüft würden.

Als ein Beispiel nennt das Ministeriu­m das Projekt „Hub für Digitale Geschäftsm­odelle mit dem Starterbau­stein Reallabor Blockchain“der Fraunhofer-gesellscha­ft zur Förderung der angewandte­n Forschung. Dadurch solle das Rheinische Revier durch die praktische Anwendung der Blockchain-technologi­e zu einer Modellregi­on und zu einem Anziehungs­punkt für digitale Technologi­en aufgebaut werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Tagebau in Jackerath.
FOTO: DPA Tagebau in Jackerath.

Newspapers in German

Newspapers from Germany