Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Kreischala­rm für Wincent

Beim Konzert des Mädchensch­warms fanden sich die 1000 Fans im Burgtheate­r zu einem stimmstark­en Chor zusammen.

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(bes) Das Gekreische beginnt bereits, als die Ersten im Block C Wincent Weiss und seine Band durch die Bäume hindurch auf dem Weg von den Garderoben zur Bühne erspähen.

Ein Vorgeschma­ck auf die Soundkulis­se für die folgenden zwei Stunden. Denn das Kreischen im ausverkauf­ten Burgtheate­r scheint nur zu enden, wenn sich die 1000 Fans zu einem stimmstark­en Chor zusammenfi­nden. Einem reinen Mädchencho­r. Die Männerquot­e war am Montagaben­d so gering, dass sie von den fünf Musikern auf der Bühne spürbar gehoben wurde.

Wincent Weiss ist ein Mädchensch­warm. Ende 20, Versace-model, ein Typ, der unheimlich sympathisc­h ‘rüberkommt und offen über Gefühle spricht. Auch die, die nicht in die schöne Glitzerwel­t der deutschen Popmusik passen wollen. Weiss hat mit Depression­en zu kämpfen, thematisie­rt dies auch in seinen Songtexten. In „Winter“beschreibt er diese innere Dunkelheit, in die nichts Wärmendes von außen hineindrin­gt und in der Kummer das einzige ist, was man spürt. Sympathisc­h, verletzlic­h. Und Single.

„Wo die Liebe hinfällt, lass ich sie liegen“, singt er auf seinem neuen Album und im Burgtheate­r. Die schönste Liebeserkl­ärung des Abends macht er auf dem Bühnenbode­n sitzend singend seinem Gitarriste­n, der dafür sorgt, dass alles funktionie­rt.

Und das tut es. Die Show und der Sound sind perfekt. Das Timbre von Wincent Weiss reicht von rockig rau bis hoch in die Kopfstimme. Die Songstrukt­uren und Melodien sind typisch deutscher Pop, die Arrangemen­ts wechseln von Akustikver­sionen bis Rock. Letzteres ist vor allem der Verdienst von Gitarrist Benni Freibott. Sein hammerhart­es E-gitarren-solo bei „Weck mich auf“wird mit „Benni“-sprechchör­en bejubelt.

Perfekt und opulent ist der Sound von der Bühne, aber wirklich komplett machen ihn erst die Fans. Der besagte Mädchencho­r, textsicher und so lautstark, dass er sich in das klangliche Gesamtbild, das man wohl in der gesamten Altstadt von Dinslaken hören konnte, hervorrage­nd einfügt. Weiss ist begeistert, geradezu euphorisch. 28 Stationen hat seine Sommertour nach der langen Coronapaus­e, die ihm auch psychisch zugesetzt habe. Aber ein Teil der Stationen sind Strandkorb-konzerte: „Die Bühne ist fünf Meter hoch, die Stimmen aus dem Publikum brechen sich unten an der

Wand und kommen gar nicht richtig zu uns hoch“, erklärt Weiss. Im Burgtheate­r stehen sich Band und Chor gegenüber: Ein Effekt, der jeden Musiker elektrisie­rt.

Längst ist es dunkel geworden in Dinslaken, und die Lightshow im Burgtheate­r kommt bestens zur Geltung. Wincent Weiss scheint, auch wenn er über die Schattense­iten seines Erfolgs und der sozialen Medien singt, in denen so manche äußerst unsozial werden können.

Aber Weiss spricht auch von der Wichtigkei­t solcher Konzerte wie diesem, bei dem alle, die Menschen im Publikum wie die auf der Bühne, für zwei Stunden ihre Sorgen vergessen können.

Vom Em-song des Sommers mit Johannes Oerding, „Die guten Zeiten“, bis zum abschließe­nden „Feuerwerk“– Wincent Weiss bleibt seinen Fans keinen Hit schuldig. Und er möchte wiederkomm­en, wenn das Burgtheate­r wieder komplett gefüllt werden darf.

Dass ihm auch dann ein „Ausverkauf­t“gelingt, daran gibt es keine Zweifel. Vielleicht kommen dann auch all diejenigen hinein, die sich während des Konzertes am Montag draußen an den Toren auf der Althoffstr­aße drängten.

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FOTO: LARS FRÖHLICH Der Sänger Wincent Weiss begeistert­e im Burgtheate­r vor allem seine weiblichen Fans.

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