Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ab September wird an Schulen geimpft
Die Impfaktionen an den Berufsschulen starten. Sie sollen zugänglich sein für Gymnasium und Gesamtschulen. Wie allen über Zwölfährigen bis Herbst eine Impfung angeboten werden kann, bleibt offen.
Die Impfaktionen an den Berufsschulen starten. Sie sollen zugänglich sein für Gymnasium und Gesamtschulen. Doch es gibt offene Fragen.
KREIS WESEL
Möglichst viele Kinder und Jugendliche impfen, damit sich Delta im Herbst nicht unkontrolliert ausbreitet und die Schulen offen bleiben – so lautet seit vielen Wochen das erklärte politische Ziel der Bundesregierung. Seit Montag empfiehlt das auch die Ständige Impfkommission (Stiko) für zwölf- bis 17-Jährige auf Grundlage der Impfdaten von zehn Millionen amerikanischen Kindern. Doch wie soll es gelingen in einer impfmüde gewordenen Gesellschaft? Mit „niedrigschwelligen Angeboten“, so heißt es. Über die Sommerferien hinweg geisterte die Idee unter Entscheidungsträgern von Bund, Land und Kommunen umher, mobile Impfteams an die Schulen zu schicken. Vor 14 Tagen verfügte das Nrw-schulministerium dann, dass Kreise und Kommunen angehalten sind, Impfangebote an Berufskollegs für alle über 16-Jährigen einzurichten. Seit Mittwoch ist das auch für die Sekundarstufe II an Gymnasien und Gesamtschulen möglich.
Der Kreis Wesel hat für die Berufskollegs nun erste Impftermine festgelegt und beabsichtigt offenbar, diese auch für Schüler der umliegenden Gymnasien und Gesamtschulen zu öffnen. Das jedenfalls gab die Kreisverwaltung auf Nachfrage zu verstehen. Sie signalisierte dies gegenüber Oberstudiendirektor Christian Drummer-lempert vom Berufskolleg Wesel, wo das erste Mal am 15. September und das zweite Mal nach den Herbstferien am 27. Oktober geimpft wird. In welcher Form, dazu hat der Kreis Drummer-lempert noch wenig Informationen gegeben. „Das Gesundheitsamt hat nach einem Raum mit Strom gefragt, ich vermute aber, dass sie den als Büro nutzen wollen und mit einem Impfbus aufs Schulgelände kommen“, sagt der Leiter des Berufskollegs. Der Kreis wollte sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu den Abläufen nicht äußern. Sollten aus dem Umkreis externe Schüler kommen, „müssen wir uns überlegen, wie wir das steuern, damit sich die Gruppen nicht vermischen“, so Drummer-lempert.
Aus Moers heißt es von einem Stadtsprecher zu den gebündelten
Terminen an Berufsschulen, die es nur in fünf von 13 Städten im Kreis gibt: „Wenn der Kreis das für einen gangbaren Weg hält, muss man das diskutieren. Aber wenn es um eine relativ große Anzahl an Schülern geht, wird das schwierig“, sagt er und erklärt, dass man gerade alle Gymnasien und Gesamtschulen nach ihrer Bereitschaft abfrage, mobile Impfteams an ihren Schulen zuzulassen. Bis konkrete Termine auch an den weiterführenden Schulen feststehen, dauere es also noch.
Die Schulen senden positive Signale. Thorsten Klag vom Gymnasium Adolfinum aus Moers sagt, dass der Wunsch nach Impfungen an seiner Schule sehr ausgeprägt sei. „Ein Problem, das ich sehe, wäre höchstens der fehlende Platz bei einem ohnehin schon knappen Raumangebot.“Vorstellbar seien deshalb aus seiner Sicht schulübergreifende Lösungen im kleinen Rahmen, zum Beispiel mit der benachbarten Hermann-runge-gesamtschule und dem Hermann-gmeiner-berufskolleg. Das sieht auch Gerhild Brinkmann so. „Wir tauschen uns aus und werden schauen, was wir einrichten können“, sagt die Leiterin der Gesamtschule. „Am Ende geht es ja darum, einen möglichst reibungslosen Ablauf des Präsenzunterrichts zu garantieren. Ich glaube, die Akzeptanz dafür ist bei allen Beteiligten groß.“
Auch in Wesel. Sebastian Hense, Direktor des Andreas-vesalius-gymnasiums sagt: „Ich glaube, dass der Wunsch in Schüler- und Elternschaft nach einer Impfaktion an der Schule vorhanden ist. Ich erwarte in Kürze vom Gesundheitsamt zu hören.“Falls der Impfbus doch keine Option sei, käme der Sanitätsraum der Schule infrage, sagt Hense.
Kommen wird ein Impfbus definitiv am 9. September und 7. Oktober nach Xanten auf den kleinen Markt. Der erste Termin stand aber schon als öffentliche mobile Impfaktion fest, bevor sich Thorsten Funke, Leiter des fußläufig gelegenen Berufskollegs Placidahaus, mit dem Kreis abgesprochen hat, dass seine Schüler sich dort impfen lassen können. Der zweite Termin wurde zusätzlich eingerichtet. „So können sich alle bis zu den Herbstferien vollständig impfen lassen. Für einige Eltern ist der Weg nach Wesel ins Impfzentrum sehr weit“, sagt Funke.
Schuldezernentin Sandra Bree möchte für die anderen Xantener Schulen separate Termine organisieren. „Allein das Berufskolleg hat 370 Schüler. Es wäre nicht zielführend, wenn sich hunderte Schüler vor dem Bus versammeln“, sagt sie. Bisher habe es noch keinen Kontakt mit dem Kreis gegeben. Offenbar werden erst seit der Stiko-empfehlung und dem Erlass des Ministeriums die Hebel für Impfaktionen an weiterführenden Schulen knarzend in Bewegung gesetzt.
Doch warum richtet sich das Angebot zunächst nur an Jugendliche ab 16 Jahren, werden Real- und Hauptschulen außen vor gelassen, obwohl die Stiko eine Impfung ab Zwölf empfiehlt? Zwar kündigte Ministerin Yvonne Gebauer an, das Angebot auf über Zwölfährige auszuweiten. Wie? Das muss der Kreis organisieren. Impfungen für unter 16-Jährige bringen Hürden mit sich: Beide Elternteile müssen ein Einverständnis unterschreiben, einer von beiden während der Arbeitszeit das Kind zum Termin begleiten; die Aufklärung ein Kinderarzt leisten. Diese werden schon im Impfzentrum händeringend gesucht, haben die meisten von ihnen doch eigene Praxen zu betreuen. Ob bis zum Herbst allen über Zwölfjährigen eine Impfung angeboten wird, bleibt fraglich.