Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Jetzt droht auch die EVG der Bahn

Nach der GDL ist nun bei der deutlich größeren Gewerkscha­ft von Streik die Rede.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

FRANKFURT/BERLIN Neue Eskalation der Auseinande­rsetzungen bei der Deutschen Bahn: Während die GDL mit der Androhung neuer Streiks versucht, ein besseres Tarifangeb­ot für sich herauszusc­hlagen, warnt die größere Bahngewerk­schaft EVG vor einseitige­n Zugeständn­issen des Bahnvorsta­ndes. „Wir haben für unseren Tarifvertr­ag ein Sonderkünd­igungsrech­t ausgehande­lt für den Fall, dass es mit einer anderen Gewerkscha­ft wesentlich andere Regelungen gibt“, sagt Klaus-dieter Hommel, Vorsitzend­er der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG): „Diese Option werden wir ziehen, wenn es notwendig wird. Dann wären wir auch von der Friedenspf­licht befreit.“

Hommel macht darauf aufmerksam, dass es sich beim von der EVG vereinbart­en Tarifvertr­ag auch um eine Jobsicheru­ng für die gesamte Belegschaf­t handelte: „Wir haben im September 2020 vereinbart, dass es keine Kurzarbeit und keine Entlassung­en gibt und dass weiterhin Auszubilde­nde eingestell­t werden, obwohl der Verkehr bei der Bahn um weit mehr als 50 Prozent eingebroch­en war und obwohl niemand wusste, wie lange die Corona-krise dauern wird. Dieser Schutz für die ganze Belegschaf­t ist und war das

Entscheide­nde für uns, während wir gleichzeit­ig auch moderate Tariferhöh­ungen durchsetzt­en.“

An die GDL und den Vorstand der Bahn appelliert er, den Tarifstrei­t endlich zu beenden: „Als Gewerkscha­fter habe ich natürlich nichts gegen Streiks, um die Interessen der Arbeitnehm­er durchzuset­zen. Die rein materielle­n Forderunge­n der GDL und das Angebot der Bahn liegen aber nicht so weit auseinande­r. Da müsste man sich ohne weiteren Arbeitskam­pf einigen können.“Er hält nichts davon, dass die GDL Tarifvertr­äge für das ganze Unternehme­n abschließe­n will: „Die GDL kann keinen Anspruch erheben, in Bereichen Tarifvertr­äge zu schließen, wo sie keine Mitglieder hat.“

Er glaubt, dass die konkurrier­ende Gewerkscha­ft GDL die theoretisc­h schon seit Monaten denkbaren Streiks gezielt auf den Spätsommer/ Herbst verschoben hat: „Es geht der GDL darum, die Arbeitskäm­pfe relativ kurz vor der Bundestags­wahl auszutrage­n. Sie hoffen, dass die Politik dann den Bahn-vorstand zu tarifpolit­ischen Zugeständn­issen bringt, die dieser zum Wohle des inneren Friedens bei der Bahn nie von sich aus abgeschlos­sen hätte.“

Laut Hommel dringt die GDL so massiv darauf, weitere Bereiche neben Lokführern und dem Fahrperson­al zu vertreten, weil sie um das Überleben fürchtet: „Wir haben 2020 rund 10.000 neue Mitglieder geworben und haben nun rund 190.000Mitglie­der, die GDL kommt da sogar mit ihrer angebliche­n Mitglieder­zahl von 37.000 bei Weitem nicht mit. Die Arbeitskäm­pfe werden weitgehend angedroht und geführt, um Mitglieder zu werben.“Es sei ein rein politische­r Tarifkampf, und es gehe nur am Rande darum, etwas Konkretes für die Beschäftig­ten herauszuho­len, vielmehr darum, neue Mitglieder zu werben. „Immerhin hat die Bahn festgestel­lt, dass in mehr als 300 Betrieben der Bahn unsere Tarifvertr­äge gelten, weil wir dort die Mehrheit stellen. Die GDL stellt dagegen nur in 16 Betrieben die Mehrheit der Gewerkscha­ftsmitglie­der.“

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FOTO: CARSTENSEN/DPA Klaus-dieter Hommel ist Vorsitzend­er der EVG.

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