Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

VON TIM BRAUNE UND HAGEN STRAUSS

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Angela Merkel

Auf der Zielgerade­n ihrer Ära macht die einst mächtigste Frau der Welt schwere Fehler. Im März musste sie die geplante Corona-osterruhe zurücknehm­en. Manche fanden die öffentlich­e Entschuldi­gung überzogen, ein wirklicher Schaden war ja nicht entstanden. In Afghanista­n dagegen könnte ihre Untätigkei­t zahlreiche Ortskräfte, die seit 2013 im deutschen Auftrag arbeiteten, das Leben kosten. Dass Gefahr in Verzug war, wusste Merkel. Sonst hätte sie auf ihrer Sommerpres­sekonferen­z am 22. Juli nicht gesagt: „Ich setze mich sehr dafür ein, dass wir pragmatisc­he Lösungen finden.“Afghanen, die kein Geld für ein Flugticket hätten, sollte geholfen werden. Am Tag zuvor sprach Merkel im Kabinett die Minister darauf an. Nichts passierte. Die Ressorts stritten weiter. War Merkel zu nachlässig, hätte sie ihre Richtlinie­nkompetenz ziehen müssen? „Wenige Wochen vor der Bundestags­wahl hatte sie gar nicht mehr die Macht, das durchzuset­zen“, meint ein Regierungs­mitglied. Unterm Strich steht die größte außenpolit­ische Demütigung der Kanzlerin in 16 Jahren.

Olaf Scholz

Als Bundesfina­nzminister war der Kanzlerkan­didat nicht unmittelba­r mit Afghanista­n befasst. Als Vizekanzle­r koordinier­t Scholz die Spd-bundesmini­ster und hätte Außenminis­ter Maas durchaus Beine machen können. Anfang August befürworte­te Scholz – wie CDU-CHEF Armin Laschet – die Abschiebun­g straffälli­ger Afghanen. Zur selben Zeit warnte bereits SPDChef Norbert Walter-borjans, Abschiebun­gen nach Kabul lägen „voll auf der menschenfe­indlichen Linie von Populisten“. Die Spd-führung ließ das Thema beim Außenminis­ter liegen.

Heiko Maas

Aus der Opposition hagelt es Rücktritts­forderunge­n. Schlecht für Maas ist, dass er im Juni im Bundestag stand und sagte, er nehme nicht an, dass die Taliban in wenigen Wochen das Zepter schwängen. Es kam anders. Menschenre­chtler warnten die eigene Botschaft in Kabul. Maas hörte

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