Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Berns Meistertrainer treffen sich am Rhein
Leverkusens neuer Coach Gerardo Seoane und Mönchengladbachs Adi Hütter haben in der Schweizer Hauptstadt die Young Boys zum Topteam entwickelt. Nun steht das Bundesliga-spiel ihrer Klubs an.
LEVERKUSEN Natürlich haben Gerardo Seoane und Adi Hütter am Mittwoch auf die Young Boys aus Bern geschaut – und sich gefreut über das 3:2 im Hinspiel der Playoffs zur Champions League gegen Ferencvaros Budapest, ein Spiel, in dem sich die ehemaligen Bundesligatrainer David Wagner (Bern) und Peter Stöger (Budapest) gegenüberstanden. „Wir sind mit Bern noch verbunden“, gab Seoane, der neue Trainer des Bundesligisten Bayer Leverkusen, im Vorfeld des rheinischen Treffens mit Borussia Mönchengladbach zu, dem Klub, den nun Hütter betreut.
Beide, Seoane wie Hütter, haben ihre Aktien im sportlichen Dasein der Young Boys als das Schweizer Topteam. Hütter machte den Hauptstadtklub aus dem berühmten Stadtteil Wankdorf 2018 erstmals nach 32 Jahren zum Meister, Seoane übernahm danach und machte aus Hütters Vorlage eine Serie: Dreimal holte er mit Bern den Titel, zudem 2020 zum ersten Mal seit 62 Jahren das Double. Nun haben beide im Rheinland den Auftrag, zurückzukehren: Seoane mit Bayer in die Top vier der Liga und Hütter mit Gladbach nach Europa.
Beide Herren halten viel voneinander, der Kontakt ist nie ganz abgebrochen, seit sie sich vor drei Jahren in der Konstellation Vorgänger/ Nachfolger kennengelernt haben. „Bevor er aus Bern weg ist, haben wir uns noch getroffen und ausgetauscht über das, was trainiert wurde und viele andere Dinge. Wir pflegen auch regelmäßig Kontakt per SMS“, berichtete Seoane.
Hütter sieht seine Arbeit bei YB durch Seoane in edelster Weise fortgesetzt. „Es ist schön, dass der Titel von 2018 keine Eintagsfliege war. Wir haben YB über drei Jahre gut vorbereitet und Gerry hat meine Arbeit dort sehr erfolgreich fortgeführt. Er hat im ersten Jahr nicht viel verändert, hat dann das Team weiterentwickelt. Es ist gut, wenn Nachhaltigkeit da ist“, sagte Hütter derweil in Gladbach.
Dort war Seoane auch schon als Trainer unterwegs, als Hospitant bei Lucien Favre im September 2014. Im Rahmen der Trainerausbildung ging es darum, sich eine Woche lang bei einem Verein fortzubilden, und Seoane entschied sich für Favres Borussia. Meister-trainer aus der Schweiz, die im Rheinland erfolgreich sind: Favre ist, was das angeht, für Seoane und Hütter gleichsam ein Pionier, der Waadtländer war zweimal mit dem FC Zürich Champion, um später dann Gladbach vom Fast-absteiger zum Champions-league-teilnehmer zu machen.
Seoane war auch zuletzt ein Thema rund um den Borussia-park, und zwar, als dort ein Trainer gesucht wurde nach Marco Roses Ankündigung, zu Borussia Dortmund zu wechseln. Dass es auch gepasst hätte mit Seoane und Borussia, darf man annehmen. Doch Manager Max Eberl hatte sich früh festgelegt auf den einen Meistermacher von Bern, Hütter, weswegen es keinen Kontakt zum anderen, Seoane, gab, wie Eberl im Vorfeld des Spiels in der Bayarena am Samstag (18.30 Uhr/sky) versicherte. „Wir haben seine Arbeit in Luzern und bei YB natürlich verfolgt und schätzen ihn und seine Arbeit sehr. Wir haben uns aber nicht getroffen“, sagte Eberl.
So ist Seoane dann in Leverkusen gelandet, nur knapp 65 Kilometer entfernt von Hütters neuem Arbeitgeber Gladbach. Beide Klubs gleichen sich mit der Trainerauswahl mit Berner Hintergrund noch mal an. Denn immer wieder rangeln sie um die Plätze vier und fünf in der Liga, um ähnliche Spieler, beide sind der Klub für den nächsten Schritt, bevor es zu den ganz Großen der Branche, nach München oder Dortmund, nach Madrid oder Manchester, geht. Und beide Klubs legen viel Wert auf gepflegten, offensiven Fußball. Dafür stehen auch Seoane und Hütter, und beide haben nachgewiesen, dass sie gute Entwickler sind von Team wie von Spielern.
Wie üblich in solchen Fällen, verweisen die „Berner Jungs“am Rhein darauf, dass „Leverkusen und Gladbach gegeneinander spielen – und nicht die Trainer“, wie Seoane klarstellte. Gestartet sind beide mit einem 1:1, Bayer bei Union Berlin und Borussia daheim gegen den FC Bayern. Die Erfolge mit den Young Boys kann ihnen keiner nehmen, doch Bern ist Vergangenheit. Die Gegenwart sind Bayer und Borussia, und da will jeder für sich den ersten Sieg mit dem neuen Klub.