Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der neue Papiertiger der Uefa
Der europäische Fußball-verband Uefa ist dem Vernehmen nach zu einer bahnbrechenden Erkenntnis gelangt: Sein „Financial Fairplay“, also der Versuch, dem Vereinsfußball eine gewisse wirtschaftliche Chancengleichheit zu verordnen, ist gescheitert. Potzblitz. Das ist aber mal eine gewagte Deutung der vergangenen Jahre, möchte man der Uefa zurufen. Da wären wir ja als Zuschauer gar nicht drauf gekommen. Gerade zuletzt gab es kaum Hinweise darauf, dass manche Vereine es nicht so genau nehmen mit der Vorgabe, Einnahmen und Ausgaben ungefähr in Waage zu halten.
Gut, dass Paris St. Germain dank der Katar-milliarden sich eine Weltauswahl zusammenkauft, hätte verdächtig sein müssen. Oder dass der FC Chelsea für den Belgier Romelu Lukaku 115 Millionen Euro an Inter Mailand zahlt. Oder dass der FC Barcelona bekanntgibt, man sitze auf einem Schuldenberg von 1,35 Milliarden Euro. Das hätte einem spanisch vorkommen können. Aber dass die Uefa da jetzt selbst sagt: Ich glaube, da geht es nicht mir rechten Dingen zu, das überrascht dann schon.
Warum? Weil der Verband sein Financial Fairplay und die damit verbundenen Sanktionsmöglichkeiten trotz so offensichtlich unverhältnismäßiger Einflussnahme durch Investoren nur sporadisch einsetzte und damit unweigerlich das Gefühl vermittelte, Financial Fairplay sei vor allem auf dem Papier ein Werkzeug, um die breite Fan-masse ruhig zu stellen.
Genauso wirkt nun auch das geplante Folge-instrument. Denn die Uefa will ja das Financial Fairplay nicht einfach so beerdigen. Damit würde man ja ein eigenes Scheitern final eingestehen. Das passt nicht zum Stil aus Nyon. Stattdessen soll es, so berichtet es der englische „Telegraph“, Überlegungen geben, sich am Modell aus der Us-amerikanischen Baseball-liga MLB zu orientieren. Das sieht, grob gesagt, eine Art Luxussteuer vor, die Vereine zahlen müssen, wenn sie unverhältnismäßig viel Geld ausgeben und gegen festgelegte Budgetobergrenzen verstoßen. Und es soll Strafen im Echtzeitmodus, also in der laufenden Saison ermöglichen und nicht wie bisher erst rückwirkend.
Klingt in der Theorie erstmal vernünftig und notwendig. Aber das klang das Financial Fairplay auch. Es konnte seine Wirkung in der Praxis nur nie nachweisen. Was es also letztlich deutlich dringender braucht als einen neuen Papiertiger, ist der erkennbare Wille der Uefa, ihn auch in der Realität von der Leine zu lassen.