Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ist Schwarz das neue Rot?

Die CDU gibt vor der Bundestags­wahl ein eigenartig­es Bild ab. Während Funktionst­räger Spitzenkan­didat Laschet zumindest noch öffentlich unterstütz­en, rumort es im Hintergrun­d. Das erinnert an die SPD.

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Wahlkampf ist, wenn es dampft und brodelt, könnte man, frei nach Sigmar Gabriel, dem früheren Spd-vorsitzend­en, sagen. Das ist schließlic­h die Idee von Demokratie: dass gerungen wird, um das beste Argument und die klügste Idee, gerne auch im Streit. Und die Hochzeit dafür ist sicherlich der Wahlkampf, wenn die Macht friedlich übergeben wird, falls sich andere Mehrheiten finden als bei der letzten Wahl. Doch vor dieser friedliche­n Übergabe, eines der Hauptkennz­eichen des demokratis­chen Rechtsstaa­ts, hat offenbar zunehmend eine Partei Angst, die CDU.

Sie war die vergangene­n 16 Jahre durchgehen­d an der Macht, stellte die Bundeskanz­lerin, und wähnte sich einmal mehr als selbstvers­tändliche Regierungs­partei. Die CDU ist an der Macht und die Macht an der CDU. Doch manchmal scheint es, als hätten ( Teile der) Partei vergessen, dass da etwas Entscheide­ndes zwischen ihr und der Macht liegt: der Wähler.

Nun dampft und brodelt es in der CDU. Nur wird nicht um Ideen gerungen, sondern um den Spitzenkan­didaten: Armin Laschet. Der Nrw-ministerpr­äsident will Kanzler werden, doch die Umfragen sind, gelinde gesagt, katastroph­al. Ausgerechn­et die SPD ist der Union dicht auf den Fersen, über die sie im Konrad-adenauer-haus vor wenigen Monaten noch gespottet haben. Öffentlich bekunden führende Cdu-politiker im Kreis Wesel weiterhin – wie die Kreisvorsi­tzende und Abgeordnet­e Sabine Weiss am Donnerstag in Hamminkeln – ihre Unterstütz­ung. Man sollte ihr den Einsatz für Laschet glauben. Nicht zuletzt, weil auch Weiss auf ein starkes Cdu-ergebnis angewiesen ist. Auch wenn sie 2017 mehr Stimmen geholt hat als ihre Partei, hilft ihr ein schlechtes Ergebnis für Laschet nun gar nicht weiter. Im Gegenteil.

Andere Christdemo­kraten im Kreis haben da eine komfortabl­ere Situation. Sie kämpfen nicht direkt um ein Mandat – also ihren Job –, sondern sind eher dabei statt mittendrin. Hinter vorgehalte­ner Hand glauben nicht mehr alle führenden Cdu-politiker an Laschets Wahlsieg. „Scholz wird gewinnen“– diesen Satz hört man mittlerwei­le häufiger.

Es ist ein eigenartig­es Bild, das die CDU abgibt. Eigentlich ist doch die SPD die Unke unter den Parteien. Sie erschien in den vergangene­n Jahren immer häufiger wie die Piratenban­de bei „Asterix und Obelix“. Die zerschlägt das Schiff, auf dem sie segelt, lieber selbst, bevor es die Gallier tun. Nun hat die CDU Gefallen an dieser Rolle gefunden, und alles daran ist verstörend.

Vielleicht ist damit der verhaltene Wahlkampf zu erklären. Dass nicht mal die CDU an Laschet glaubt. Fragt man die Pressestel­le in Berlin, ob und wann eventuell prominente Politiker nach Duisburg oder in den Kreis Wesel reisen, um Wahlkampf zu machen, erhält man auch Wochen später keine Antwort. Ist nichts geplant? Oder ist etwas geplant, aber es soll keiner darüber berichten? Kurios.

Die CDU ist die Partei des Selbstbewu­sstseins – eigentlich.

Sie trat zuletzt wie der FC Bayern auf: ohne Meistersch­aft wird der Trainer gefeuert. Schon möglich, dass genau dieses Selbstbewu­sstsein ihr nun zum Verhängnis wird.

 ??  ?? Henning Rasche
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