Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Spielabbruch schockiert Frankreich
Das Derby zwischen Nizza und Marseille eskaliert und wird zum Fall für die Justiz.
NIZZA (dpa) Ein „Fiasko-abend“, „grenzenlose Dummheit“, „eine Schande“– die französische Presse findet harsche Worte für das, was am Sonntagabend beim Mittelmeer-derby der Ligue 1 zwischen OGC Nizza und Olympique Marseille passiert ist: Flaschenwürfe, Dutzende Fußballfans, die aufs Spielfeld stürmen, Gerangel mit Spielern und Ordnern, Spielunterbrechung und schließlich Spielabbruch.
Inzwischen untersucht Nizzas Staatsanwaltschaft die Vorfälle, wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Montagmorgen meldete. Drei Minderjährige wurden laut dem Sender BFMTV noch am Sonntagabend vorläufig festgenommen, sind aber wieder auf freiem Fuß. Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu sagt dem Sender Franceinfo: „Eine rote Linie ist überschritten worden.“Die französische Fußballliga kündigt an, die Clubs nach den „schwerwiegenden Zwischenfällen“vor die Disziplinarkommission zitieren zu wollen.
Was war passiert? Nizza empfängt am Sonntagabend Marseille; es ist das zweite Mal nach langen Monaten der coronabedingten Abstinenz, dass die Nizza-fans wieder in ihr Stadion dürfen. Doch schnell wird das Spiel überschattet von unfairen Aktionen: Immer wieder werfen Anhänger von OGC Nizza Gegenstände aufs Spielfeld. Etwa eine Viertelstunde vor Abpfiff beim Stand von 1:0 für Nizza wird schließlich Marseille-spielmacher Dimitri Payet vor einem Eckball von einer Plastikflasche am Rücken getroffen und geht zu Boden. Wutentbrannt schleudert er kurz darauf mehrere Plastikflaschen zurück Richtung Fan-tribüne, andere Teamkollegen eilen ihm zur Seite.
Es folgt der Dammbruch: Dutzende Nizza-anhänger stürmen aufs Feld, es kommt zu Handgemengen zwischen Fans und Spielern beider Clubs. Die Spieler verlassen schließlich das Feld. Als nach etwa einer Stunde Unterbrechung die Partie weitergehen soll, weigern sich die Spieler von Marseille, auf den Rasen zurückzugehen. Beide Klubs suchen im Nachgang schließlich beim jeweils anderen den Schuldigen für das Geschehene.