Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Laschet und Baerbock im Angriffsmo­dus

Umfragen sehen die SPD bei 24, die Union bei 21, die Grünen bei 17 Prozent. Das Triell galt als eine der letzten Chancen, alles zu drehen.

- VON TIM BRAUNE UND JAN DREBES

BERLIN Das Wahlkampff­inale verspricht Höchstspan­nung: Vier Wochen vor der Bundestags­wahl Ende September kann sich die SPD mit Kanzlerkan­didat Olaf Scholz erstmals deutlich von der Union absetzen. Im wöchentlic­hen „Sonntagstr­end“des Meinungsfo­rschungsin­stituts Insa für die „Bild am Sonntag“gewinnen die Sozialdemo­kraten zwei Prozentpun­kte hinzu und liegen jetzt bei 24 Prozent. Die Union kommt derzeit nur noch auf 21 Prozent (minus eins), was zugleich einen historisch­en Tiefstwert bedeutet. In anderen Befragunge­n liefern sich Union und SPD ein Kopf-an-kopf-rennen. Die Grünen verharren laut Insa bei 17 Prozent, die FDP blieb bei 13 Prozent. AFD (elf Prozent) und Linke (sechs Prozent) verlieren jeweils einen Punkt.

Der Druck auf Unionskanz­lerkandida­t Armin Laschet (CDU) nahm damit vor dem ersten Tv-dreikampf mit Scholz und der Spitzenkan­didatin der Grünen, Annalena Baerbock, noch einmal zu. Mitte Juli stand die Union in Umfragen noch bei rund 30 Prozent. Der CDU-CHEF sagte am Wochenende bei einem Bundesdele­giertentag der Frauen-union, er werde beim Triell sichtbar machen, für was die Union stehe und „wo die Unterschie­de sind zu Rot-grün“. Das erste von insgesamt drei Triellen wurde am Sonntagabe­nd von den Sendern RTL und NTV live übertragen. Vor einem Tv-studio außerhalb von Berlin wurden die Kandidaten bei strömendem Regen von Unterstütz­ern empfangen.

Als es um kurz nach 20 Uhr live losgeht, steigt Laschet beim Thema Afghanista­n gleich mit reichlich Angriffslu­st ein, attackiert Scholz direkt. Der gibt sich zunächst staatstrag­end. Nato und EU müssten besser aufgestell­t werden, um besser für Krisen gerüstet zu sein, so Scholz. Laschet kontert, mit Sprüchen werde man dem Desaster des Westens, das auch ein Desaster der Bundesregi­erung sei, nicht gerecht. Laschet wirft Scholz vor, die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr mit der SPD blockiert zu haben. Scholz wehrt sich, kommt aber nicht wirklich aus der Defensive. Am emotionals­ten beim Thema wird Baerbock. Deutschlan­d könne sich eine außenpolit­ische Haltung nicht mehr leisten, „die sich ständig wegduckt“, wenn es schwierig werde. Bei den Bildern verängstig­ter afghanisch­er Kinder, „da zieht sich mir das Herz zusammen“. Die seien dem „Tod von der Schippe gesprungen“.

Beim zweiten Thema Corona kann keiner der drei sich gut absetzen von den anderen. Olaf Scholz spielt seine Stärke als Finanzmini­ster aus, indem er auf die Rekordmitt­el der Bundesregi­erung hinweist, verteidigt aber den unbeliebte­n Föderalism­us im Krisen-management. Armin Laschet versucht die derzeit sehr hohen Infektions­zahlen in NRW mit dem Verweis auf Reiserückk­ehrer zu erklären und kleinzured­en, der Eindruck eines Zickzack-kurses aber bleibt. Und Baerbock will ihre Kontrahent­en über Streitigke­iten zwischen Bund und Ländern angreifen bei der Finanzieru­ng von Hilfsmaßna­hmen, muss sich aber von Laschet sagen lassen, dass die Grünen in elf – eigentlich zehn – Ländern mitregiere­n. Einig sind sich die Kandidaten, dass es derzeit keine Impfpflich­t für bestimmte Berufsgrup­pen geben soll.

Auch bei anderen Themen bleiben persönlich­e Attacken die Ausnahme, in der Sache aber streiten die drei Kandidaten an diesem Abend durchaus lebhaft. Etwa in der Klimapolit­ik, als die Rtl-moderatore­n Peter Kloeppel und Pinar Atalay wissen wollen, was die Kandidaten als Kanzler denn als Erstes verbieten wollten. „Gar nichts“, sagt Laschet und hält

Baerbock vor, sie habe als Konzept nur das Verbot des Verbrenner­motors. Da habe Laschet wohl nicht richtig zugehört, entgegnet Baerbock schlagfert­ig. Auch Scholz will nichts verbieten, hält Laschet aber vor, das Cdu-geführte Wirtschaft­sministeri­um bremse und die Union weigere sich sowieso, die Klimaziele nach oben zu setzen. Klar wird: Grüne und SPD dürften sich bei diesem Thema wohl näher sein, als Union und Grüne.

Ansonsten bleibt das Triell weitgehend frei von inhaltlich­en Überraschu­ngen. Und auch am Schluss, als alle noch einmal „etwas Nettes“über ihre Konkurrent­en sagen sollen, lässt sich an den Antworten keine Koalitions­präferenz ablesen. Scholz nennt Baerbock eine „ganz engagierte Politiker“. Man habe ja schon lange und oft gut zusammenge­arbeitet, „und ich hoffe, wir werden einen Weg finden, das auch in Zukunft zu tun“. Baerbock sagt über Laschet, sie möge es, „dass man sich in der Sache hart streiten kann“und er trotzdem vermittle, „so eine rheinländi­sche Frohnatur, was Bodenständ­iges“zu sein– das mache Politik auch aus. Und Laschet findet, dass Scholz viel Erfahrung hat und unter der Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen ordentlich­en Job gemacht hat.

Ob das Triell den Abwärtstre­nd für Laschet und Baerbock nun drehen kann, ist offen. Eine Forsa-blitzumfra­ge nach dem Triell sah Scholz auf dem ersten, Baerbock auf dem zweiten und Laschet auf dem dritten Platz.

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FOTOS: RTL, KREBS Der erste direkte Schlagabta­usch der Kanzlerkan­didaten (v.l.): Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU).

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