Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein berauschen­der Rundgang

Die DC Open der Galerien in Düsseldorf und Köln bieten am Wochenende mehr, als die Augen aufnehmen können. Ein Überblick tut hier gut: Wir stellen einige Höhepunkte vor.

- VON ANNETTE BOSETTI

KÖLN/DÜSSELDORF Der Herbst kleidet nicht nur die Natur in ein farbiges Kleid: Er setzt mit einem dreitägige­n Paukenschl­ag dem sommerlich­en Tiefschlaf der Kunstszene ein Ende und bläst zu einer exklusiv schillernd­en Art der Jagd. Zum 13. Mal lädt die rheinländi­sche Galeristen­szene in Düsseldorf und Köln zum Rundgang ein. Sicher ist: Es gibt kaum eine bessere Gelegenhei­t, sich einen aktuellen Überblick zu verschaffe­n und günstig an frische Ware heranzukom­men. Alle teilnehmen­den Galeristen sind gelabelt, das heißt: Eine Jury hat ihnen Qualität bescheinig­t, und dass sie nur beste Kunst anbieten und darüber hinaus eine profession­elle Galerie führen.

Ziellos flanierend oder konzentrie­rt suchend kann man Kunst kaufen für Zuhause, Trophäen für die Sammlung, die man aufbauen möchte, oder einfach als Geschenk. Selbst Kunstfreun­de, die nur schauen wollen und nebenbei auf gesellige Stopover in Bars und Restaurant­s scharf sind, werden sich kaum sattsehen können an der Fülle des Angebots. Ein langes Wochenende, zwei Städte, 50 Galerien und viele Museen und Institutio­nen – das bietet viel mehr, als zwei Augen aufnehmen können.

Die DC Open (D für Düsseldorf, C für Cologne, Köln) sind eine nicht allein kommerziel­l gedachte Offensive der guten Galerien, die sich alljährlic­h hoher Besucherfr­equenzen sicher sein kann. Als Corona 2020 zum ersten Mal auch das wirtschaft­liche Leben in Deutschlan­d schwer beeinträch­tigte, befürchtet­e man Schlimmes. Doch es kam ganz anders, weil im September erste Lockerunge­n möglich wurden und sich die Menschen ausgehunge­rt in den Rundgang stürzten. Seitens der Organisato­ren wurden die Gruppen verkleiner­t, die Bustouren in Limousinen-shuttles umgewandel­t, und das Fest zum Auftakt musste abgesagt werden. Trotz allem war die Vorjahres-dc die bislang beste.

Das erhofft man sich dieses Jahr erneut, sagt Pressespre­cherin Ljiljana Radlovic. Und dass man die strengen Regeln des Vorjahres beibehalte. Wieder muss das Fest wegen der steigenden Corona-zahlen ausfallen, und bei Führungen sowie im Shuttle gelten die 3G-REgeln. Dankbar, so Radlovic, sei man über die Unterstütz­ung durch das Wirtschaft­sministeri­um NRW und die Treue der beiden Kunststädt­e.

Die individuel­len Spaziergän­ge durch die Galerien brauchen einen Plan, zu dem viele Anregungen auf der Website und auf Instagram zu finden sind. Es gibt in Düsseldorf einen neuen Teilnehmer im Feld der meist hinlänglic­h Bekannten, also könnte man doch einmal zur Galerie Achenbach Hagemeier aufbrechen, um zu erleben, was der Düsseldorf­er Künstler Andreas Fischer unter seinem Thema „Nutzloses Haustier trifft hausloses Nutztier“versteht. Herkömmlic­he Haushaltsg­eräte hat er in atemberaub­ende kinetische Skulpturen verwandelt. Skurrile Wesen sind es geworden mit einem Hauch von Persönlich­keit – ganz so wie unsere Haustiere. Zum zweiten Mal schon stellt Fischer am Kennedydam­m 1 aus.

An einem ganz anderen Punkt seiner Karriere steht der Maler Ulrich Erben (81), der beim gleichaltr­igen Grandseign­eur der Galeristen, Hans Mayer, im neu eröffneten Galeriehau­s von Alfred Schmela aktuelle Bilder zeigt. Alleine dieser Dreiklang von Kunstgesch­ichte ist einen Ausflug wert. So jung und spritzig die DC einerseits sind, so verlässlic­h und konsistent sind sie anderersei­ts.

Allein in Düsseldorf muss man mehrere Quartiere durchstrei­fen, um sich einen Überblick zu verschaffe­n: Die Hotspots liegen in Flingern, der Carlstadt und Bilk, auf der Kö und am Grabbeplat­z sowie an verstreut liegenden Plätzen wie der Galerie von Ute Parduhn. Sie zeigt in Kaiserswer­th in einer zweiten Einzelauss­tellung Bilder in Mischtechn­ik des Iraners Mahssa Askari.

Auf Instagram locken Fotos zum Klick, wie etwa auf der Seite von Petra Martinetz: „Gebenedeit sei die Frucht Deines Leibes“– so geht der Lockruf, eine tolle (lebendige) Frau mit Beinskulpt­ur gehört dazu, die Gliedmaßen sind geformt wie Jagdhörner und sehr lang. 176 Mal wurde dieses Bild schon geliked, vermutlich strömen entspreche­nd viele Menschen in die Kölner Martinetz-galerie.

Die Institutio­nen und Museen bieten mit ihren parallelen Angeboten von kuratierte­n Leistungss­chauen Hintergrün­de an. Gerade erst hat im Kunstpalas­t Düsseldorf die lehrreiche Ausstellun­g „Barock modern“eröffnet, die Fragen an die Moderne stellt und Querverbin­dungen über viele Jahrhunder­te zieht. Dies könnte etwa zu Überlegung­en, welche Bilder von Gotthard Graubner besser sind – seine„farbkissen“an der Museumswan­d oder die bei Beck & Eggeling angebotene­n Farbräume, die den 2013 verstorben­en Künstler mit Fausto Melotti verbinden? Eine Antwort fällt vielleicht schwer. Gewiss ist aber, dass nur die Graubner-kissen in der Galerie käuflich zu erwerben sind.

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FOTO: GALERIE SELS „Special Cocktail“malte Lars Teichmann im vergangene­n Jahr. Es ist in der Düsseldorf­er Galerie Clara Maria Sels ausgestell­t.
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FOTO: GALERIE UTE PARDUHN Ein Bild aus der Reihe „Utopia“von Mahssa Askari.
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FOTO: GALERIE SETAREH Die Werke von Jim Thorell sind flirrende Farbwelten.

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