Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Unterwasser-musik aus London
Ambient Die Musikplattform Bandcamp kann man gar nicht genug preisen. Künstler können dort ihre Musik zum Anhören und Downloaden einstellen. Sie können über ihre eigene Seite auch CDS, Schallplatten und T-shirts verkaufen, und die Einnahmen sind höher und werden direkter an die Urheber ausgegeben als bei vielen anderen Musik-streamingdiensten. Alle paar Wochen gibt es außerdem den „Bandcamp Friday“, dann gehen 100 Prozent der Einnahmen an den jeweiligen Künstler.
Was die Plattform außerdem so attraktiv macht, ist die Tatsache, dass es viel exklusives Material dort gibt. Auch arrivierte Musiker stellen Stücke ein, die man sonst nicht zu hören oder zu kaufen bekommt. Kevin Richard Martin etwa, dessen Seite ein Genuss ist. Mancher mag den britischen Künstler von seinem Projekt The Bug kennen. Unter diesem Namen produziert er verblasene und leicht unheimliche Musik, die sich im Dub bedient, dieser Spielart des Reggae mit den weiten Hallräumen. Zudem im Hip-hop und Techno. Oder von King Midas Sound, einer Gruppe, die er mit dem Dichter Roger Robinson und der Künstlerin Kiki Hitomi gründete. Deren Platten sind so düstere wie poetische Dokumente aus dem London der Gegenwart.
Bei Bandcamp tritt Martin außerdem unter seinem bürgerlichen Namen auf. Er zeigt dort ein andere musikalische Seite, veröffentlichte einige Alben mit Ambient-musik, und jedes ist ein Hit. Zuletzt erschien „Melting Point“, und das ist nun ein besonders feines Album. Es klingt, als erzähle es von einer Unterwasser-welt. Die Atmosphäre ist warm, alles fließt wie in Zeitlupe. Das ist bei diesem mitunter zur Beliebigkeit neigenden Genre ja der größte Qualitätsausweis: Wenn er nämlich einen eigenen Kosmos schafft, in dem man sich gerne aufhält, aus dem man geradezu erwacht, wenn das Album zu Ende ist. Kevin Richard Martin, Bandcamp: Mehr muss man bei Google gar nicht eingeben. Philipp Holstein